Montag, 12. September 2011

Post-Porno-Rum: Ron De Jeremy by Ron Jeremy

Nicht ganz brandneu - aber in Deutschland bislang nicht erhältlich - ist "Ron De Jeremy", ein 7jähriger Rum aus Panama bei dessen Kreation der kubanische Master Distiller Francisco "Don Pancho" Fernandez (Havana Club, Abuelo, Zafra) entscheidend mitgewirkt hat. Ja und? An A-, B, oder C-Prominente als Werbeträger oder Namensgeber für v.a. Vodka aber auch andere Spirituosen haben wir uns längst gewöhnt. Da haut uns ein neuer Rum mit einem Schauspieler in dieser Funktion sicher nicht vom Hocker. Ein Schauspieler? Ronald Jeremy Hyatt, besser bekannt als Ron Jeremy, ist eben nicht irgendein Schauspieler. Zwar kann er auf ein paar kleinere Rollen im einen oder anderen Hollywoodstreifen (z.b. "Der blutige Pfad Gottes") zurückblicken, doch berühmt wurde er durch seine unvergessliche, darstellerische Mitwirkung in über 2000 und seine Regiearbeit in rund 300 Hardcorefilmen. Seine Karriere gipfelte im 2003er Pornoremake "Being Ron Jeremy" ("Why be John Malkovich when you can be Ron Jeremy?"). Das Wortspiel war wohl allzu verführerisch... Seit Sommer ist das o.g. Produkt nun im UK und in den USA für rund 30 GBP bzw. 35 US-$ zu haben. Lassen wir das PR-Getöse ausnahmsweise mal beiseite, so haben wir es mit einem bodenständigen Mittelamerikarum von leichterem Körper nach guter alter kubanischer Schule zu tun, der aber keineswegs altmodisch ist. Ob der Stoff nun eher auf der trockenen oder der süßeren Seite steht, mag jeder selbst für sich entscheiden. Für mich überwiegen nach süßem Start die trockeneren Akzente und der doch merklich eichige Abgang. Fruchtige Noten halten sich vornehm zurück. Hintenraus ist er - im Gegensatz zum Namensgeber - nur mittellang. Charakteristik (und Preisniveau) lassen so Vergleiche mit z.B. dem noch relativ neuen "Dos Maderas 5+3" (Barbados/Guyana-Blend mit Sherryfass) oder dem bekannten "Matusalem Solera 15" (Dominikanische Republik) zu. Hinter diesen beiden Gesellen muss sich der Ron von Ron sicher nicht verstecken. Also nix großer Porno und XXX, sondern eher feiner, mixbarer Kubaner. Mixbar soll wohl auch die gewürzte Variante werden, die in diesen Tagen die Welt (oder zumindest die USA) erobern soll. Wann bzw. ob der Spaß je in D erhältlich sein wird, ist mir nicht bekannt. Bei der Betitelung des dazugehörenden Signaturedrinks "Hedgehog's Delight" orientierte sich dessen Kreateur übrigens an Ron's ausgeprägter Körperbehaarung, der dieser den Spitznamen "hedgehog" - auf deutsch: Igel - verdankt. What A Drink! Die beiden Fotografien stammen aus dem Downloadbereich von rondejeremy.com



Dienstag, 6. September 2011

Nikka Perfect Serve - oder: How To Clean Up Your Ass

Die guten Nachrichten vorneweg: Am gestrigen Nachmittag wurden in Münchens "Goldener Bar" weder der "Ass Cleaner"-Cocktail (der in einer doppelt gerollten Klorolle serviert wird) noch eine neue Art des Bartending erfunden. Beim "Nikka Perfect Serve" ging es vielmehr um das hier und da seit einiger Zeit bemerkbare Bestreben der Barszene sich weniger um sich selbst zu drehen als vielmehr den Gast als solchen wieder in den Mittelpunkt zu stellen. Ein anspruchsvoller Wettbewerb fand auch noch statt...
Zunächst gab Stanislav Vadrna, Leiter des "Analog. Bar Institute", "Europe's Japanese Bartender Number One" und Brand Ambassador für "Nikka" einen Einblick in sein (Bar)Weltbild und seine Auffassung von modernem, klassischen Bartending. Mit dem Mantra "ichi-go - ichi-e" stellt er den Moment als nicht wiederkehrende Chance in den Mittelpunkt seines Konzepts und erläutert Begriffe wie "Sprezzatura", den Geist von Aloha und zieht Parallelen zur japanischen Teezeremonie. Aha. Nun sollten einige der von Vadrna gezeigten kleinen Praxisbeispiele eigentlich die Basis des Bartenderhandwerks sein, manchmal sind sie es aber nicht. Und um beim Rühren eines Drinks innerlich zu tanzen und jede Bewegung mit schlichter Eleganz und Lässigkeit auszuführen gehört mehr als nur ein guter Vorsatz und ein bisschen Übung. Mir persönlich haben Stan und seine Botschaft sehr gut gefallen und die anwesenden Profis haben sie sicher verstanden (und nicht nur gehört).
Beim anschließenden "Nikka Perfect Serve Contest" mussten die Teilnehmer in 15 Minuten zum einen drei verschiedene "Mizuwaris" mit verschiedenen "Taketsuru"-Abfüllungen (12, 17, 21 Jahre) und zum anderen drei Klassiker (Manhattan, Whisky Sour, O.F.) mit "Nikka From The Barrel" in einer gespielten Thekenszene für drei Gäste fabrizieren und servieren. Am besten gelang dies Maxim Kilian (Beyond Saloon, Frankfurt am Main), der Deutschland in Kürze beim Finale in Paris vertreten wird und dort die Chance hat eine Reise nach Japan zu gewinnen. Ich wünsche viel Erfolg! Beim Londoner "Perfect Serve" hatte UK-Sieger Rusty Cerven (The Coburg Bar At The Connaught Hotel, London) übrigens mit eigens engagierter Geisha (!) aufwarten können.
Natürlich konnten auch noch einige Nikka Whiskys probiert werden. Ich fand den erstklassigen "From The Barrel", der keineswegs eine Singlebarrelabfüllung o.ä., sondern ein äußerst preiswerter Blend aus zwei Malts der Brennereien "Miyagikyo" und "Yoichi" und einem Grainwhisky mit satten 54,1% Vol. ist, und den "Taketsuru 21 Years" (ein hochdekorierter geblendeter "Pure Malt" mit 43% Vol.) am eindrucksvollsten. Mein Lieblingsjapaner ist übrigens der untypische "Nikka Coffey Malt". Aber das ist eine andere Geschichte...

Weitergucken: Pictureshow on Facebook (copyright Barzirkel München 2011)

Weiterlesen: Ein lesenswerter Artikel über Japans Whiskys findet sich in der aktuellen Ausgabe 3/2011 des "Whiskybotschafters" und (kleiner Nachtrag) auch das Magazin "Mixology" hat mittlerweile über die beschriebene Veranstaltung berichtet.

Freitag, 2. September 2011

Lemon Hart Rum - Relaunch


"...für Lords, Sailors und andere Genießer"

Seit einigen Wochen ist in Deutschland wieder Rum der Marke "Lemon Hart" offiziell erhältlich. Dabei handelt es sich um die Abfüllungen "Original" (40 % Vol.) und "151" (75,5% Vol.) - beides Blends aus Demerararum, die von der "Demerara Distillers Limited" in Guyana produziert werden. Die Marke "Lemon Hart" war bereits anfangs des 19. Jahrhundert in London entstanden, wo die gleichnamige Company karibischen Rum importierte und sogar offizieller Lieferant der Royal Navy wurde. Zeitsprung. Ab den 50er Jahren war in Deutschland der "Lemon Hart - Golden Jamaica Rum" mit 73% Vol. erhältlich, der ebenso wie seine Verwandtschaft aus Guyana bis 2009 unter der Eigentümerschaft von "Pernod-Ricard" verkauft wurde. In der Bar erlangte bekanntlich die hochprozentige Demeraraversion einen hohen Stellenwert, da sie u.a. als unverzichtbarer Bestandteil für zahlreiche Tikiklassiker nachgefragt wurde. Letzteres resultiert - neben der Qualität des Produkts - auch daraus, dass andere Alternativen in den USA schlichtweg nicht flächendeckend erhältlich waren.
Nun ist seit Mitte 2010 das kanadische Unternehmen "Mosaiq Inc." Eigentümer der Marke (und der Rezeptur) und so ist über den deutschen Vertriebspartner "Kammer-Kirsch" der Stoff nach einer relativ kurzen Zeit der Dürre - pünktlich zum Tikitamtam der letzten Monate - wieder da. Soweit - so gut. Doch wie sieht es mit dem Geschmacksprofil aus?

Ich möchte meine Eindrücke besonders auf den 40%igen Kameraden beziehen, da dieser im Wirbel um den "151er" fast ein bisschen untergeht. Ein Münchner Gastrogroßhändler hat beispielsweise nur den Hochprozenter gelistet. Der "Lemon Hart - Original" lässt mit seiner deutlichen, süßen Karamellnase eine gefälliges Destillat erwarten. Ganz so ist es aber natürlich nicht. Der süße Grundton im Mund geht schnell in trockene, aber leichte Früchte über. Hochprozentiger Kakao und die Aromen von gelagertem Potstillrum dominieren. So ähnelt der "LH" am ehesten dem "Jefferson's Dark Rum", der vielleicht eine Spur trockner und etwas würziger ist. Deutlich schwächer ist der "Lamb's Navy Rum" aufgestellt. Mit mehr Holz und auch wesentlich trockner steht der in unseren Breiten eher unbekannte "Watson's Demerara" in englischen Fischerkneipen. Mehr Feuer hat hingegen der "El Dorado 8y", der ähnlich aufgebaut erscheint, aber auch ein süßerer Geselle ist. Ein Vergleich mit den beiden 12- und 15jährigen "El Dorados" (süßer, runder, besser!) hinkt ebenso wie der mit "Gosling's Black Seal" (viel tiefer und weniger süß). Erstere kosten 50 bis 100 Prozent mehr und sind doch eher Sippingrums. Letzterer ist zwar ein Dark Rum, der an keiner ernst zu nehmenden Bar fehlen sollte, aber nunmal kein Demerara.

Ergebnis: Der "Lemon Hart - Original" gefällt mir mit seiner altmodischen Art sehr gut, sollte aber an der Mixtheke stehen (außer man betreibt eine Spelunke in einem britischen Hafen) und bietet ein gutes Preis-Leistungsverhältnis. Der "151" bestätigt - selbst im Vergleich mit verschiedenen Fullproof-Demeraras (über 60% Vol.) - seine Eigenständigkeit. Ein absolutes Muss! Übrigens: Entsprechend verdünnt kommt er der 40%igen Version erstaunlich nahe, auch wenn ich etwas mehr Karamellsüße feststellen konnte. Über die Zusammensetzung der Blends ist zwar nichts bekannt, doch zum einen spielen sicher Potstillrums eine gewichtige Rolle - zum anderen erscheinen die beiden Versionen (auf ungefähr gleichem Alkoholniveau) sehr ähnlich. Vielleicht genügt also tatsächlich der Kauf der hochprozentigen Abfüllung...

In der abgebildeten Werbeanzeige der Firma "Epikur GmbH" (dem damaligen Deutschlandimporteur) aus den 50er Jahren wird u.a. ein "Lemon Hart Manhattan" und ein "Lemon Hart Cola" mit dem 73%igen Jamaicarum empfohlen. Respekt! Über den Relaunch der beliebten Jamaicaabfüllungen mit 40 bzw 73% Vol. ist bislang nichts bekannt geworden.

Mittwoch, 31. August 2011

Barzirkels Cognac Bitters - hier: Verlosung

Heute mal was anderes: Der Barzirkel München hat whatadrink! drei Fläschchen des im Rahmen eines Cognacworkshops (in 2010) unter Aufsicht von Herrn Klaus St. Rainer ("Goldene Bar", Bitterskreateur) und unter Zurverfügungstellung des Ausgangsdestillats durch "Pierre Ferrand Cognac" hergestellten "Barzirkel Cognac Bitters" zur Verlosung unter dessen treuesten Lesern übergeben. Der monetäre Wert dieser einmaligen Abfüllung ist selbstverständlich unaussprechlich!
Damit das Ganze nicht so einfach ist, muss per Email eine Frage beantwortet werden, deren Beantwortung dem geneigten Leser leicht fallen wird. Die Preisfrage lautet: Wie oft hat whatadrink! den Titel "Bester Deutscher Barblog" beim Fachmagazin "Mixology" gewonnen?

Die Antwort bitte an: cognacbitters@gmx.de

Die ersten drei (!) richtigen Einsender erhalten je eine Flasche der Cognacbitters (siehe Foto) zugesandt, wenn sie ihre Postadresse angeben (Diese Daten werden natürlich nicht weitergegeben oder in irgendwelcher Form weiterverwendet und werden nach der Aktion sofort gelöscht.). Der Wettbewerb ist bis längstens 30.09.2011 befristet.

Dienstag, 30. August 2011

Rémy Martin - Coeur De Cognac

Nein, es geht diesmal weder um die nach einer Schießerei einsitzende Rapperin "Remy Ma" (the artist formely known as "Remy Martin") noch um den ehemaligen "Global Creative Consultant" von "Rémy Martin"-Cognac, Herrn "T.I.". Es geht einfach nur um Cognac. Jedoch nicht um irgendeinen, sondern um "Coeur De Cognac" (im Einzelhandel für rund 40 EUR brutto), die 2008 lancierte neueste Komposition des Hauses "Rémy Martin", das sich zu den vier Big Playern (neben Hennessy, Martell und Courvoisier) im Bereich Cognac zählen darf. Darum hier der letzte Verweis auf den seit rund zehn Jahren anhaltenden Hype um Cognac in den USA, ausgelöst durch den Bezug der dortigen Rapszene zu Frankreichs Spirituose Nummer 1. So scheinen die Zuwachsraten der Cognachäuser gesichert, was aber kein Grund ist, das Nachbarland Deutschland zu vernachlässigen.
In Münchens "Goldener Bar" hatten sich daher auf Einladung von "Rémy Martin" am gestrigen Montag rund 30 Bartender und Barchefs versammelt um sich das "Herz des Cognacs" genauer erläutern zu lassen und anschließend auf seine Mixability hin zu testen. "Rémy", vertreten durch Marcus Gehrlein und Dominique Szutarski von Diversa, setzten auch nicht auf einen großmäuligen Rapper, sondern auf den allseits bekannten und geschätzten Experten und offiziellen "Cognac BNIC Educator" Jürgen Deibel als kompetenten Sprecher und so ging es zunächst eine Stunde lang um Terroir und Klima, Assemblage und Marriage und die Eigenschaften, die die Marke "Rémy Martin" im allgemeinen und "Coeur De Cognac" im besonderen verkörpern. Besonders herauszuheben ist dabei, dass "Rémy" ausschließlich Eau-De-Vies der Toplagen Grande Champagne und Petite Champagne (dem Herzen des Cognacgebiets) verwendet. Stammen zudem mindestens 50% davon im Endprodukt aus der Grande Champagne, so darf dieses als "Fine Champagne Cognac" bezeichnet werden, was beim "Heart Of Cognac" selbstverständlich auch der Fall ist.
Beim "Coeur" legte Kellermeisterin Pierrette Trichet zudem besonderen Wert auf ein fruchtiges und dennoch weiches und vollmundiges Destillat. Dass dieses Ziel mittels sorgsamer Destillation und der perfekten Auswahl der (im Durchschnitt 8 Jahre lang) gereiften Destillate erreicht wurde, zeigte auch ein kleines Tasting, bei dem 6-, 15- und 30-jähriger "Rémy Martin" jeweils in Fasstärke (zwischen 52 und 68 % Vol.) verkostet und verglichen wurde. Die dort aufgefundenen Anklänge von Aprikosen, Feigen und Mango spiegelten sich dann auch im komplexen "Coeur" wieder.
Im Anschluss gab René Förster (Twist SkyBar, Dresden) einige Hinweise zum Einsatz des "Coeur De Cognac" an der Bar, denn dessen vielschichtiges Aromaportfolio lädt geradezu zur Kreation von ausgefeilten Cognacdrinks ein. In ausgelosten Gruppen ging es für die Münchner Bartender dann an die Mixstationen und in einem kleinen Wettbewerb um ein Preisgeld. Letzteres vergab die Jury um René Förster, Jürgen Deibel und den Hausherrn Klaus St. Rainer an den Drink "Madame Muriel" von Gerhard Praun (Goldene Bar, Barroom), Sebastian Lumpe (Park Hilton), Tibor Kantor (Red Hot), Mario Zils (Schumann's) und Toni Molotov (Goldene Bar, Barista).
Eine ganze Reihe interessanter Cognaccocktails und weiterführende Informationen bietet u.a. Cognac Summit.

Freitag, 19. August 2011

Meet The Maker & Mint Infusions

"Maker's kenn ich längst!" So und ähnlich hatte der ein oder andere geladene Gast sein Desinteresse an der 2011er Ausgabe von "Meet The Maker" im und um Münchens "Shane's Restaurant" bzw. der in unmittelbarer Nachbarschaft beheimateten "B-Bar" von Bill Fehn erklärt. Versäumt wurde so nicht nur die Vorstellung von Greg Davis als neuem "Maker's Mark" Master Distiller und dem neuen Gesicht von "Maker's" in Deutschland, Tanja Bempreiksz, sondern auch ein Sachvortrag von "Professor" Stephan Hinz, seines Zeichens Spirituosen- und Cocktailconsultant, Barkeeper und Cocktailwettbewerb-Seriengewinner aus Köln. Aber der Reihe nach...
Nach den standesgemäßen Begrüßungsdrinks (sehr fein: Bill's "Loretto Iced Tea" mit MM, Apricot infused Schwarztee, Minze, Ananas und Sodawasser) erzählte uns Greg Davis Wissenswertes über die Produktion von "Maker's Mark" und leitete durch die bekannte Tastingrunde (wobei mir der knackige "Over Matured" wieder besonders gefiel). Für die Veranstaltung in Bayerns Hauptstadt hatte "Maker's Mark" in Gestalt von "Beam Global Deutschland" den (noch) amtierenden "Mixologen des Jahres", Stephan Hinz, als Referent zum Thema "Infusionen" gewinnen können, und so wurde dieses Thema ausgiebig erläutert und im Rahmen eines Blindtastings ausgiebig erschnuppert und erschmeckt.
Maestro Hinz hatte sich im Vorfeld zur Aufgabe gemacht 300 Gramm marokkanische, krause Minze (sehr frisch im Geschmack, viel Menthol, wenig erdige Züge) mit 0,7l "Maker's Mark" zu verbinden. Dazu wählte er die Wege der (kontrollierten) Perkulation (mit einem 1-Meter langen Schlauch), eine 30-minütige Mazeration, das 2-tägige Aging des Mazerats (im 5-Liter-Eichenfass bzw. in einer Glasflasche), eine quick-and-dirty Methode bei der rund 6 Bar Druck (im Soda- bzw. Sahnesiphon) zugegeben werden und es wurde sogar vaporisiert (Verdampfung) bzw. gesmoket. Unter die Proben hatte sich auch der bereits gesüßte Premix "Maker's Mark Julep" geschlichen. Während der Premix, das geagdte (?) und das gesmokte Resultat leicht zu erkennen waren, gab es zwischen den restlichen Proben zwar gewisse durchaus bemerkenswerte Unterschiede, die Zuordnung fiel aber schwer. Irgendwie hatte mir der geräucherte Minzbourbon am meisten zugesprochen.Während des anschließenden, ausgezeichneten Barbeques hatte ich die Möglichkeit zu zwei kleinen Interviews mit Greg Davis und Tanja Bempreiksz. Äh, Ladies first...

whatadrink: Tanja, dich kennen viele aus deiner Zeit in der Redaktion von "Mixology". Was hast du vorher eigentlich gemacht?

Tanja Bempreiksz: In der Gastronomie war ich vor allem in Berlin, Hannover und Bremen beschäftigt. Dann war ich auch eine Zeit lang Barchefin in der Schweiz und in Neuseeland habe ich auch gearbeitet. Parallel zu meiner "Bar-Weltreise" begann da auch meine Arbeit für "Mixology" mit Reiseberichten aus Neuseeland, Australien, Kanada und den U.S.A.

wad: Jetzt bist Du aber bei "Maker's Mark" als Brand Ambassador für Deutschland. Wie ist das Team in Deutschland strukturiert?

TB: "Beam Global" ist gerade nach Frankfurt umgezogen und dort ist Lydia Sahr die Brandmanagerin für "Maker's Mark" und damit auch meine Chefin. Das Marketingteam bei "Beam Global" ist natürlich sehr groß.

wad: Ein gut eingeführtes Produkt wie MM zu promoten und neue Dinge wie "MM Mint Julep" oder "Maker's 46" vorzustellen erscheint relativ einfach. Stimmt das?

TB: Ja, das ist schon so. Gerade die Barszene kennt das Produkt schon sehr gut. Bei Endverbrauchertastings stelle ich aber fest, dass nicht alle "Maker's Mark" kennen, aber dann sehr begeistert sind, wenn sie ihn erstmals probiert haben. Gerade ältere Scotchfans sind sehr zugänglich, wenn man ihnen Bourbon erklärt und näher bringt. Ein schlechtes Bourbonimage geht dann - sofern vorhanden - auch schnell verloren.

wad: Wie sieht Dein Aufgabengebiet in kurzen Stichpunkten aus?

TB: Umsetzen der Marketingideen, Tastings, Schulungen, Events, Wettbewerbe unterstützen, Bartendernetzwerke aufbauen und pflegen, Off-Trade usw. - einfach alles um die Marke sichtbarer, erlebbarer und greifbarer zu machen.

wad: Jetzt die klassische Frage - Wann kommt "Maker's 46" offiziell nach Deutschland?

TB: Der Status ist hier weiterhin "Er kommt - Wir wissen aber nicht wann". Man hat den "46" mittlerweile in Kanada eingeführt und ich weiß von ein paar Fachgeschäften in Deutschland, die die Abfüllung - allerdings zu recht hohen Preisen - anbieten.
whatadrink: Greg Davis, Sie sind gerade auf einer kurzen Tour durch Deutschland. Ist die Destillerie in Loretto gerade geschlossen?

Greg Davis: Ja, wir schließen einmal im Jahr um unser Equipment zu kontrollieren und zu überholen. Zudem lässt sich in dieser Zeit auch etwas austauschen ohne die Produktion zu beeinflussen. Diesmal expandieren wir auch ein bisschen.

wad: Sie machen das im Sommer?

GD: Ja, da viele Prozesse mit Dampf angetrieben werden, macht es Sinn zur heißesten Zeit des Jahres die Anlagen abzuschalten - dieses Jahr für vier Wochen.

wad: Wir kennen alle die malerischen Fotos der historischen "Maker's Mark"-Destillerie in Loretto. Vor Ort waren aber nur die wenigsten. Was war Ihr erster Eindruck, als Sie dort vor knapp über einem Jahr als Master Distiller mit der Arbeit begannen?

GD: In der Bourbonindustrie bin schon seit rund 20 Jahren aktiv. Nun, wenn man einen Wechsel vollzieht, denkt man zuerst immer "Oje, was hab ich jetzt gemacht.". Aber dann konzentriert man sich auf das, zu was man eigentlich dort ist. In diesem Fall auf die Herstellung von Bourbon.

wad: Sie waren vorher in der "Tom Moore Distillery"?

GD: Ja stimmt. Die ist etwa zehnmal so groß. Dort ist vieles automatisiert, was wir bei MM von Hand machen. Ich denke, dass sich das auch bei der Qualität zeigt.

wad: Wieviele Brennanlagen hat "Maker's Mark"?

GD: Seit der Erweiterung 2002 laufen zwei Stills und zwei Doubler - also zwei komplette Anlagen.

wad: Sie haben uns heute erzählt, dass Sie Mais und Weizen jeweils von einer lokal angesiedelten Familie kaufen. Können Sie uns etwas über die Eigenschaften dieser Rohstoffe sagen? Ist das auch "Bioqualität"? Bei der Herstellung von Scotch Whisky gibt es - wenn auch bei relativ kleinen Produzenten - den Trend zur Herstellung von "organic spirit" bzw. Whisky, der nur aus Ausgangsstoffen aus der unmittelbaren Umgebung der Brennerei gemacht wird.

GD: Unser Mais ist vollkommen frei von gentechnischen Veränderungen. Wir testen auch jede Charge, die bei uns ankommt. Bei unserem roten Winterweizen stellt sich diese Frage nicht. Unsere beiden Partner beliefern uns schon ewig und wissen genau, was wir brauchen. Es ist wirklich eine sehr enge Verbindung, die unsere Getreideproduzenten so zu uns haben.

wad: Wird bei der Abfüllung des frischen "white dog" ins Fass eigentlich ein Headspace gelassen oder wird das Fass "bis zum Rand" befüllt?

GD: Wir füllen das Fass immer komplett. Allerdings absorbiert es schon in den ersten Tagen eine gewisse Menge und es entsteht ein Headspace. Der durchschnittliche Verlust ("angels' share") beträgt im Verlauf der Lagerzeit dann rund 4% pro Jahr. Es fehlen am Ende also 20-25% an Flüssigkeit.

wad: Da wir grade bei den Fässern sind. Wo kauft MM die Fässer oder haben Sie eine eigene Küferei?

GD: Nein, wir konzentrieren uns auf unseren Job Bourbon zu produzieren. Unsere Fässer kommen zu 100% von "Independent Stave". MM Barrels unterscheiden sich von den "normalen" Bourbonfässern durch die einjährige Lagerzeit der Dauben vor der Verarbeitung. Auch das ist übrigens eine lange Partnerschaft.

wad: Noch eine Frage zum "Maker's Mark Mint Julep", der seit einigen Wochen in Deutschland offiziell erhältlich ist und den ich persönlich sehr gut finde. Stellen Sie den Premix selbst her oder ist das ein Lizenzprodukt?

GD: Wir machen das selbst, denn wenn wir es nicht selbst machen würden, wäre es nicht mehr länger "Maker's Mark". Der "MM Mint Julep" wird auch nur im Frühjahr vornehmlich für das Kentucky Derby produziert.

wad: Einige Produzenten - auch von Bourbon - setzen auf limitierte und hochpreisige Single Barrel-Abfüllungen u.ä. als Premiumausgabe. In den Neunzigern gab es zuletzt limitierte MM-Abfüllungen. Ist ein Abfüllung in dieser Richtung ein Thema für die nähere Zukunft von MM?

GD: Nein, wir denken nicht darüber nach. Es hat über 50 Jahre gedauert bis mit "Maker's 46" nach dem "Red Wax" ein zweiter "Maker's Mark" kreiert wurde. Ich denke, es wird noch einmal 50 Jahre dauern, bis etwas ähnliches nachkommt.

wad: In welchem Land verkaufen Sie eigentlich am meisten Bourbon außerhalb der U.S.A.?

GD: Ah, das ist Australien. Dort wird sehr viel Bourbon getrunken.

wad: Dort wurde der Ready-To-Drinbk-Hype aber durch Gesetz eingeschränkt.

GD: Ja genau. Es ging dort sehr viel Bourbon in RTD-Abfüllungen bis die Besteuerung in diesem Bereich geändert wurde. Aber dort wird weiterhin sehr viel Straight Bourbon getrunken. Wir sehen aber Deutschland auch als Tor zu anderen europäischen Ländern und deren Märkten, da in Deutschland viel Bourbon getrunken wird und auch sehr viel guter Bourbon auf dem Markt ist. Das gefällt uns in Kentucky natürlich.

wad: Flavoured Bourbon ist ein Trend, der jetzt auch in Deutschland angekommen ist. Geben Sie dieser Sache größere Zukunftsaussichten?

GD: Uns interessiert das eigentlich nicht, da wir uns auf den reinen Bourbongeschmack konzentrieren. Ich denke, was heute neu ist, kann morgen schon vergessen sein.

wad: "Maker's Mark" White Dog wird weiterhin nur in der Destillerie zu haben sein?

GD: Ja. NUR in der Destillerie.

Ich darf mich bei Tanja Bempreiksz und Greg Davis nochmals für die freundliche Beantwortung meiner Fragen bedanken.

Übrigens: Über "Maker's Mark" berichtet auch das Magazin FHM in seiner aktuellen Ausgabe unter dem Titel "Whisky-Not im Bourbonland"

Donnerstag, 11. August 2011

Lillet Après-Midi oder: Die Kunst des Aperitifs

Der Aperitif ist in unseren Breiten allzu oft ein etwas lieblos gewählter Trunk, der lediglich die Wartezeit auf die bestellten Speisen versüßen soll bzw. bestenfalls als Begleiter der Vorspeise(n) dient. Dass das nicht mal die halbe Wahrheit ist, zeigen uns unsere europäischen Nachbarn Frankreich, Italien, Griechenland, Spanien und auch Belgien oder die Schweiz mit ihren Aperitifs, Aperitivos und Apéros. Dort dienen zwar auch feste und flüssige Leckerbissen als appetitanregende Vorbereitung auf eine Mahlzeit (übrigens mittags UND abends), nur hat sich - insbesondere in Frankreich - eine vielschichtige Kultur gebildet, die neben den klassischen Aperitifgetränken wie Bitter, Sherry, Portwein, Anis und Wermut inkl. unzähliger Mixgetränke auch in unseren Breiten weniger verbreitete, süßere und auch bitterere Gattungen wie z.B. Pineau De Charentes, Pommeau De Normandie oder Quinquina umfasst.

Zu letzterer Gruppe zählt auch der in Deutschland keineswegs unbekannte "Lillet" in den bisherigen Versionen "Blanc" und "Rouge" sowie den limitierten Jahrgangsabfüllungen mit dem wohlklingenden Namen "Réserve Jean De Lillet". Aktuell ist davon die Ausgabe 2008 im Handel, für die aber auch rund der doppelte Preis aufgerufen wird. Der Hersteller ist die Firma "Lillet Frères" (seit 2008 bei Pernod Ricard) in Podensac bei Bordeaux, die 1887 den "Lillet Blanc" lancierte. Erst 1962 folgte der rote Bruder. Beide Produkte bestehen zu 85% aus einem Weincuvée. Beim "Blanc" kommen die Rebsorten Semillon und Sauvignon Blanc - beim "Rouge" Cabernet Sauvignon und Merlot - zum Einsatz. Die restlichen 15% bestehen aus verschiedenen Fruchtlikören, die aus spanischen Süßorangen, Bitterorangen aus Haiti und grünen Orangen aus Nordafrika (bzw. deren Schalen) unter Zugabe von Rohrzucker hergestellt werden. Abgerundet wird das Geschmacksbild jeweils mit Vanille, Sternanis und natürlich Chinarinde bzw. dem daraus gewonnenen Chinin. Nach der Vermählung der Einzelkomponenten wird der "Lillet" vor der Abfüllung in Flaschen noch 4-6 Monate in Barriquefässern aus Limousineiche gereift, die übrigens nur zweimal benutzt werden. Alle "Lillets" sind mit 17% Vol. versehen.
Mit diesen und noch weiteren Informationen zieht derzeit Deutschlands Brand Ambassador Nikolai Augustin (meisterschueler, Berlin) durch die Lande, um nicht zuletzt die durch den Erfolg von Aperol Sprizz gestiegene Nachfrage nach leichten, sommerlichen Drinks mit dem durchaus gut vermixbaren "Lillet Blanc" zu stillen. In Münchens "Goldener Bar", wo in dieser Woche der Auftakt der Reihe stattfand, kannte jeder der rund 35 anwesenden Bartender den "Lillet" und das nicht erst seit dieser in den "James Bond"-Filmen "Casino Royale" und "Ein Quantum Trost" im "Vesper" Martini als Wermutersatz nachgefragt wurde. Nicht zu letzt deswegen wird der "Lillet" hier und da gerne den Wermuts/Vermouths zugeordnet, was aber grundsätzlich falsch ist, da er kein Wermutkraut bzw. dessen Auszüge enthält.
Vor dem anschließenden Crosstasting daher gab Bastian Heuser (barworkz, Berlin) einen Überblick über die "verstärkten Weine" (z.B. Portwein, Sherry, Madeira,...) und die "verstärkten und aromatisierten Weine" (z.B. Wermut, Quinquina und Enzian). Der "Lillet" zählt demnach zu den weißen bzw. roten Quinquinas. Produkte die ebenfalls in diese Kategorien fallen sind z.B. "St. Raphael" oder "Byrrh". Im Blindtasting hatten mir persönlich die roten Vertreter ("Byrrh"!) besonders gut gemundet. An der Stelle darf ich Bastians Hinweis auf die informative Webseite Vermoth 101 aufgreifen, die das Thema "Weinaperitif" erschöpfend behandelt.

Nach einer ausgiebigen Mixrunde zum Thema "Vesper" wurde noch der Neue bei "Lillet", der "Lillet Rosé", kredenzt. Auch diese Version besticht durch das ausgeklügelte und fein abgestimmte Verhältnis zwischen weiniger Fruchtigkeit und leichtwürziger Orangennote, die mir beim ersten Probiererle aber weniger präsent vorkam.
Da vom "Vesper" nun schon mehrfach die Rede war und das Thema "Kina Lillet" natürlich auch bei dieser Veranstaltung gestreift wurde, hier noch ein paar Anmerkungen hierzu. Der bis in die Mitte der 80er erhältliche "Kina Lillet", der Vorläufer des heutigen "Lillet Blanc", kam nicht erst durch Flemings Bond ("The bitch is dead now.") zu einer gewissen Berühmtheit. Vielmehr fand er bereits in der Fachliteratur des frühen 20. Jahrhunderts mehrfach namentliche Erwähnung. Klassisch ist v.a. die Verwendung im "Corpse Reviever #2" aus dem "Savoy Cocktail Book". Als Ersatz wird oftmals der in Deutschland nicht erhältliche "Cocchi Aperitivo Americano" empfohlen. Da die Offiziellen in Podensac nach der Rezeptänderung vor fast 30 Jahren vom bitter-süßen hin zum leichteren Aperitif offenbar wenig Verständnis für die Bedürfnisse der Generation "Cocktail Renaissance" haben, konnte ich vom Spirituosenhistoriker Mike Meinke (Triobar, Berlin), der vor nicht allzu langer Zeit gleich mehrere Flaschen "Kina Lillet" entkorkt und verkostet hat, erfahren, dass er bei seiner alten Version "eine weitaus kräftigere Kräuternote, bedingt durch die Bittertöne, und eine leichte Sherryanleihe von der Würzigkeit" im Vergleich zum aktuellen Produkt festgestellt hatte. Das gilt zumindest für die eine der acht Flaschen, die noch genießbar war. Einer eventuell limitierten "Kina Lillet"-Abfüllung z.B. zum 140-jährigen Firmenjubiläum 2012 würde auch ich durchaus eine Chance geben...
Bestens versorgt vom Team der "Goldenen Bar" ging so ein schöner Nachmittag zu Ende, der mir durchaus (wieder) Lust auf ein spritziges Weingemisch gemacht hat. A votre...!

Weitere Termine: 15.8. Berlin, 22.8. Hamburg, 29.8. Frankfurt, 30.8. Köln;

Einen schönen Überblick über den Brauch des Aperitifs in Frankreich, viele Informationen zu z.B. Vins Doux Naturels, Likörweinen, Pastis und Aperitifgetränken auf Weinbasis sowie zahlreichen Rezepten zu Speis und Trank beinhaltet das 1989 erschienene Buch "Die Kunst des Aperitifs" (ISBN 978-3817000135) von André Dominé ("Das ultimative Barbuch").