"Deine Putzfrau bringt die Bionadeflaschen raus.
Ach Klaus, Rock 'n' Roll sieht anders aus..."
(Rainald Grebe & Die Kapelle Der Versöhnung, 2008)
Was hat Rock 'n' Roll (oder was man heute dafür hält) mit Whisky zu tun? Ehrlich gesagt: Reichlich wenig. Sieht man den ausufernden Hype um die letzten "Ardbeg"-Abfüllungen, so kommt man aber zumindest zu dem Schluß, dass wenn irgendein Fleck Schottland "rockt", es das Inselchen Islay sein muss. Von dort kommt aber neben den arrivierten - mehr oder weniger torfrauchigen Brüdern - auch der noch relativ neue "Kilchoman" Scotch Single Malt Whisky.
Und von dort kam auch der Gründer der Farm Distillery Anthony Wills zur gerade zu Ende gegangenen German Tasting Tour, die dieses Jahr v.a. im Süden der Republik Station gemacht hat. Unterstützt wurde Wills dabei von Dietmar Schulz und Corinna Schwarz, die mit ihrer Firma "Alba Import" die Alleinimporteure für Deutschland sind, und den jeweiligen Vor-Ort-Veranstaltern, wie z.B. Max Freundorfer, der in Fürstenfeldbruck einen empfehlenswerten Feinkost- und Spirituosenladen betreibt. Der hatte in das "Eventbistro" eingeladen und durfte dort rund 50 Gäste begrüßen.
"Kilchoman" gibt sich selbst das Image des kleinen und feinen Islaywhiskies. Aus rund 350 Tonnen Gerstenmalz werden rund 100.000 Liter Alkohol im Jahr produziert - bei voller Auslastung. Das entspricht dem wöchentlichen Ausstoß von z.B. "Caol Ila". Das klein kann man also bestätigen. Zum fein kommen wir gleich. Eine interessante Besonderheit sei aber an dieser Stelle besonders hervorgehoben.
Bei "Kilchoman" wird eine eigene Mälzerei mit traditionellem Malting Floor betrieben. Damit werden knapp 100 Tonnen Gerstenmalz im Jahr produziert. Gegenüber anderen Destillerien mit eigenen Maltings kommt man so auf fast 30% der benötigten Malzmenge. Der Großteil wird von "Port Ellen Maltings" bezogen. Während man von dort Malz mit einem Torfgehalt von 50 ppm kauft, liegt das Level beim selbstproduzierten Malz nur bei 15-25 ppm. Jetzt der Clou: Das unterschiedliche Ausgangsmaterial wird getrennt verarbeitet und getrennt gelagert. Man hat also Malts mit 50 ppm und eben maximal der Hälfte im Lager, was für das Portfolio interessante Alternativen eröffnet.
Damit sind wir auch schon beim Tasting. Nach der Verkostung des torfig-süßen (überreife Früchte!) New Spirit, also ungelagertem Destillat frisch aus der Brennanlage (63,5% Vol., hier vom 10.10.2012), ging es an den stolz "100% Islay" genannten Whisky (50% Vol.). Der wurde aus dem schon erwähnten nur mittelstark getorften Malz gewonnen. Die Gerste hierfür wurde komplett auf Islay angebaut. Die vorliegende 2nd Edition ist ein 50:50-Vatting aus 3- und 4-jährigem Whisky, der zu 100% aus 1st-Fill-Bourbonbarrels (selbige stammen ausnahmslos von "Buffalo Trace") kommt. Ein ob seiner Jugend schon sehr ordentlicher Stoff mit deutlichem Bourboncharakter. Hier macht sich wie beim neuen Herzstück der Range, dem "Machir Bay", die Ausrichtung auf einen möglichst reinen und fehlerlosen Spirit bezahlt. Der braucht dann auch keine lange Fassreifung, um allzu viele ungewollte Ecken und Kanten wieder loszuwerden. "Machir Bay" (46% Vol.) ist ein Mix aus 3-, 4- und 5jährigen Whiskies, dessen 4jähriger Anteil ein achtmonatiges Finish in Oloroso-Sherryfässern erhielt. Letzteres macht sich auch durchaus integriert bemerkbar. Und auch der höhere Torfgehalt beim Malz - 50 ppm - sorgt für wesentlich mehr Islayfeeling als beim "100%".
Die Produktion bei "Kilchoman" wurde 2005 aufgenommen. Aus 2006 stammt das Destillat im 5jährigen "Vintage 2006" (46% Vol.), der schon deutlich mehr Reife mitbringt (80% 1st-Fill- und 20% Refill-Bourbonfässer). Den Abschluss der Reihe bildeten, nach einer kleinen Stärkung mit Eintopf, Schinken und Käse und der Möglichkeit sich durch Proben von Low Wines bis Feints zu nosen, drei besondere Abfüllungen. Los ging es mit einem - inzwischen ausverkauften - Sherryeinzelfass, das mich nicht recht zu überzeugen wusste. Es folgte das aktuelle Tourbottling, eine Abfüllung aus drei Bourbonfässern, die aus einer Tagesproduktion stammten, mit 59,3% Vol. Oha! Das ist doch was für Vaters Sohn! Hier passt die Balance zwischen Fassaromen (Vanille!) und dem fruchtig-rauchigen Destillat. Mit Spannung wurde die letzte Probe erwartet: "Kilchoman" aus einem Madeirafass - kein Finish, sondern 3jährige Lagerung. Doch die Enttäuschung war - zumindest bei mir - groß. Gute Nase aber kein neues Geschmackserlebnis, sondern ein gar nicht so sehr süßes, aber dafür recht kurzes Vergnügen. Torfige Islays und Sherryfässer sind schon eine schwierige Allianz. Noch schwieriger erscheint die Verbindung mit Süßweinbehältnissen. Vielleicht hilft auch hier ein Vatting mit Bourbonfasswhisky. Distillerymanager John McLellan und Meister Wills werden sich schon was einfallen lassen.
Tip am Rande: "Albaimport" wird am 2. und 3. März 2013 bei der neuen Whiskymesse "The Village" in Nürnberg dabei sein.