Montag, 15. August 2016

Caperitif und Swaan Tonic aus Südafrika

"So bittersweet
this whole thing
so bitter sweet"

(New Model Army "Bittersweet" 1983)

wad! war mal wieder auf Weltreise. Stimmt nicht ganz. Unterwegs in Südafrika war letztes Jahr Max Hildebrand (Goldene Bar, München). Bevor ich von Maxens Trip zum Kap gelesen und sein Foto einer ziemlich gut aussehenden Flasche auf Facebook gesehen hatte, war mir irgendwo in den Weiten des www schon der Caperitif begegnet. Cooler Name, geiles Etikett und ein Vermoed? Die Kombi verursachte schon erhöhtes Kribbeln - zumindest bei mir.
Vermouth hat sich in den letzten Jahren zwar nicht unbedingt neu erfunden, aber im Zuge einer kleinen Welle wurden eine ganze Reihe neue und wieder entdeckte Marken in die Regale und Kühlschränke der gehobenen Trinkinstitute gestellt und auch die Platzhirsche haben mit Sonderrezepturen/-abfüllungen ihren Senf dazu gegeben. Gut so. Sehr gut so.

Am Rande dessen fiel auch ein bisschen mehr Licht auf die Weinaperitife dieser Welt, z.B. die Bitters, Quinquinas und Aperitifs à base de vin. Andere Exoten wie Amaro und zuletzt Aquavit dürfen auch a bisserl mehr tröten.

Caperitif - The Ghost Ingredient

Caperitif - Ein Name der mir in zwei Publikationen aufgefallen war. Zum einen wird er in Ted Haighs "Vintage Spirits And Forgotten Cocktails" unter den Rest-In-Peace Cocktail Ingredients geführt - zum anderen beinhaltet das ebenso nicht gerade unbedeutende "The Savoy Cocktail Book" von Harry Craddock eine Reihe von Rezepturen mit Caperitif. Später habe ich festgestellt, dass noch etliche Cocktailbücher wie z.B. Tarlings "Café Royal Cocktail Book" u.a. Caperitif verwendeten (mehr Quellen und zur Schreibweise). Die Spur des seinerzeit als Wine Aperitif bezeichneten Caperitifs verlor sich offenbar irgendwann Ende der 1930er Jahre. Aber vielleicht graben eifrige Cocktailhistoriker noch mehr aus, als die drei Flaschen, die zuletzt in England über den Tresen gingen. Die einhellige Meinung ist zumindest im Moment, dass sich das Ganze im Bereich von Lillet Blanc (in seiner damaligen Rezeptur als Kina Lillet) und Dubonnet Blanc abgespielt hat.

Der Spur gingen vor über zwei Jahren auch der dänische Barmann Lars Erik Lyndgaard Schmidt (den ich beim Segeln in Schweden erreicht habe), der vom Caperitif bei seinen mixologischen Studien in New York gelesen hatte, und Adi Badenhorst, Chef des südafrikanischen Weinguts A.A. Badenhorst, nach. Die beiden hatten über gemeinsame Freunde in Südafrika zusammen gefunden. Aber nicht nur das. Das Resultat ihrer Entwicklungsarbeit ist die 21st-Century-Version des Caperitif. Ein Quinquina (der in der ersten Begeisterung missverständlich als soet vermoed - also süßer Vermouth - bezeichnet worden war), der mich total begeistert. Neben Chinarinde stecken noch 35 weitere zumeist lokale Botanicals in der Flasche bzw. im Rezept. Das ergibt zusammen gefasst: Süß-weiniger Antritt, frisch-würziger Übergang in ein langes, bitteres Finale. Komplex. Oh ja! whatadrink!

Das Ding (17,5% Vol.) funktioniert erstklassig solo, als Longdrink oder in allen Ginkombinationen (Negroni!) bzw. als Ersatz für Vermouth oder in klassischen Drinks, die nach dem Ur-Lillet verlangen, etc. etc. Mir persönlich reichen ein paar Stücke Eis für ein bittersüßes Vergnügen.

@Nerds: Caperitif wird in relativ kleinen Batches produziert und abgefüllt, die aufgrund der unterschiedlichen Beschaffenheit ihrer natürlichen Bestandteile in ihrer Aromatik voneinander abweichen können. Watch out for Batchnumbers...

Swaan Cape Tonic Water

Wer heute einen ambitionierten Gin erzeugt, sollte über Empfehlungen für das passende Tonic nachdenken oder - noch besser - ein eigenes Tonic entwickeln. Badenhorst hat das auch ohne eigenen Gin getan und ein Craft Tonic namens Swaan gelaunched. Ergänzend hinzugefügte Limette, Kardamon und Minze ergeben ein rundes Tonikum. Verdammt - das ist auch gut. So gut, dass ich das wie Limo wegnuckle - auch ohne Wacholderschnaps.
Während die vorzüglichen Weine von A.A. Badenhorst in einigen deutschen Onlineshops zu haben sind, gibts den Caperitif derzeit (noch) exklusiv hier. Eine andere Quelle im UK ist hier zu finden - dort kann man (wenn man artig nachfrägt) auch das Swaan Tonic beziehen.