Freitag, 7. Dezember 2012

Wiedervorlage: Ron Zacapa (Teil 1)

Der "Zacapa Room" in München geht in letzte Runde. Morgen, am Samstag, hat er zum letzten Mal geöffnet. Am letzten Mittwoch war Masterblenderin Lorena Vasquez in München, um zwei reichlich ausgebuchte Master Classes abzuhalten. Das Interesse an einem Rum, von dem jeder schon alles zu wissen scheint, ist also weiterhin groß. Der eine oder andere hat ein wenig Vertiefung seines Fachwissens aber auch dringend nötig. Wie ich darauf nun wieder komme? Ein Beispiel:

Gast: "Was bedeutet denn die 23 auf dem Etikett"?
Bartender: "Das bezieht sich auf das Alter."
Gast: "Es gibt keinen Rum, der 23 Jahre alt ist."
Bartender: "Doch. Hier sind Rums drin, die zwischen 6 und 23 Jahren alt sind. Der wird in einem Solerosystem gemacht."
Gast: "Das kann ich nicht glauben. Sombrerosystem?"
Bartender: "Doch. Von dieser Marke gab es sogar schon einen 30jährigen Rum. Solero bedeutet, dass da Fässer übereinander liegen und immer gemischt wird."

Hm. Sie verstehen, was ich meine? Das ist jetzt nicht ganz falsch, was der Barmann da von sich gegeben hat. Aber völlig korrekt ists eben auch nicht. Wer findet die Fehler? Außerdem hält sich beim "Zacapa" - gerade weil er schon länger auf dem Markt ist oder gerade weil er seit einiger Zeit im Fokus eines gewissen öffentlichen Interesses steht - die Früher-war-alles-besser-Sage. Aber hat die auch ihre Berechtigung? Können ihre Verfechter wirklich in Anspruch nehmen seit zehn oder fünfzehn Jahren über objektive, geschulte Geschmacksinne zu verfügen und jede Veränderung im Aromenprofil einer so komplexen Spirituose aufzuspüren? Da habe ich meine Zweifel zumal sich das Angebot an Rum im - nennen wir es - Premiumsegment doch stetig verbreitert hat und die Nutzung verschiedener Fasstypen inzwischen schon fast Standard ist (siehe z.B. "Dos Maderas P.X." (P.X. Sherry), "Plantation" (diverse), "Mahiki" (Cognac), etc.).

Dankeswerterweise sind seit einiger Zeit historische Abfüllungen von "Ron Zacapa" auf dem Markt zu finden: Die beiden vollkommen mit Palmenblätterbast umwickelten Abfüllungen "23 Años" (weißes Etikett) und "Black Label", sowie der "Premio Platino X.O." im Dekanter - alle drei mit 40% Vol. und auf eine Abfüllung in 2002 bzw. 2003/2004 zu datieren (siehe die 4 Gold Medal aus 1998-2001 auf dem Frontetikett bzw. die Erwähnung der Auszeichnung in 2003 beim X.O. Zudem findet sich in meiner Kollektion u.a. noch eine etwas ältere Abfüllung des allgemein als "23 Años" bekannten Stoffs (auch wenn diese Alterbezeichnung nur in kleiner Schrift auf dem Rücketikett zu finden ist) aus ca. 2000. Soviel zur Datierung. Und zum Inhalt? Wer hat denn in einem (Blind)Tasting sämtliche aktuelle, historische und wenn auch nur Pre-Diageo-Releases gegeneinander verkostet? Frau Vasquez hat es getan. Und sie hat - will man den Ausführungen bei refined vices Glauben schenken - keine Unterschiede feststellen können. Meine persönlichen Untersuchungen führten zu einem anderen Ergebnis. Mir kamen die alten Versionen - frisch geöffnet natürlich - durchweg weniger komplex vor als spätere Proben. Die hatten zum Teil zwar auch eine gewichtigere Alkoholpräsenz (z.B. beim Sistema Solera 23), was ich nicht so großartig finde, aber dafür konnte ich auch ein Plus an Feuer und eine größere Tiefe - bei mehreren Versuchen übrigens - vermerken.
 

Mein Alltime-Zacapa-Liebling bleibt der ebenfalls noch gut erhältliche "Straight From the Cask". Als Frau Vasquez von anderen Zuhörern dazu befragt wurde, wurde ihr Grinsen doch noch ein bisschen breiter als sonst. Tja, sie sollte es schließlich wissen. Der aktuelle "Etiqueta Negra" mit seinem Finish in frisch ausgebrannten (gebraucht)Fässern (da steckt doch eine Spur Rauch drin?) und der aktuelle, relativ trockene "X.O." mit seinem Ex-Cognaccask-Finish gefallen mir aber durchaus auch sehr gut. Nach neuen Special Releases a la "Aniversario 30" oder einer Single Barrel-Variante aus den vielfach zitierten Old Rums habe ich natürlich nicht gefragt. Da lasse ich mich doch lieber von ihr bzw. Diageo überraschen...

Zum Abschluss aber doch noch mal zur Sachkunde und deshalb nochmal zurück zu refined vices. Dort gibt es eine ausgezeichnete Serie mit einer sehr detailliierten Erklärung zu Zacapas Aging- und Blendingsystem (dazu hier ein vereinfachtes Schaubild), einem Interview etc.

1 Kommentar:

  1. Servus,

    hast du den White Label mit den zwei Medaillien noch. Wenn ja, würdest du den verkaufen?
    Bin sehr interessiert.

    Beste Grüße
    Christian

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