Mit der Renaissance der klassischen Mixgetränke des 19. und beginnenden 20. Jh. ging die Wiederbelebung der Nutzung von sog. Cocktail Bitters einher, die u.a. ein wesentlicher Bestandteil des Old-Fashioned Cocktails sind. Im "Old Waldorf Astoria Bar Book" (1935) wird angegeben, dass der OF die Erfindung eines Bartenders des Pendennis Clubs in Louisville sei. Das Altmodische beim OF bezieht sich also - selbst der Cocktailhistorikerlaie greift sich an dieser Stelle an den Kopf - freilich nicht auf die heutige Zeit, denn der OF war schon in Kappelers "Modern American Drinks" von 1895 absolut old fashioned. Neben Angostura, der nie richtig weg war, da er die Zeit der Prohibition überlebte, kamen in letzten Jahren auch alte Namen wie z.B. Peychaud´s aus dem Cocktailmekka New Orleans wieder zum Vorschein. Dazu etablierten sich Unternehmen wie Fee Brothers und The Bitter Truth, die mit eigenen Rezepturen und Kreationen aufhorchen und aufschmecken lassen.
Neben der Verwendung kommerzieller Bitters lag aber letztlich nahe auch die Tradition der Herstellung eigener Tinkturen, wie es die Urahnen der heutigen Mixologen pflegten, wieder aufzunehmen. Zahlreiche Ergebnisse gibt es mittlerweile auch käuflich zu erwerben - oft nur direkt vom Erzeuger oder in besonders gut sortierten (Online)shops. Auf zwei Beispiele des scheinbar täglich anwachsenden Angebots sei an dieser Stelle hingewiesen:
Zum einen hat der schottische Barconsultant Adam Elmegirab neben Dandelion & Burdock Bitters eine Version von Boker´s Bitters vorgestellt. Der Stoff - bislang nur im UK verkauft - wird bereits in einigen deutschen Bar verwendet. Ein ausführliches Statement von Adam gibt es im Mixology-Forum zu lesen. Ich persönlich finde Adams Boker´s universal einsetzbar, da keines der enthaltenen Aromen übermäßig heraussticht. Aber das war ja vielleicht auch eine der Eigenschaften, die das Original auszeichneten.
Ein weiterer Vertreter, jedoch mit umfangreicherer Range, ist Bob´s Bitters ebenfalls von der Insel. Bob´s kommen in braunen Apothekerfläschchen mit Glaspipette. Was zunächst als sehr außergewöhnlich oder gar unpraktisch erscheint, erweist sich - zumindest für mich - als gar nicht so abwegig. Denn einerseits liegt Bob damit in der Tradition der frühen Bitterserfinder, die allesamt Apotheker waren. Andererseits lassen sich die würzigen Tropfen genau dosieren und das Hantieren mit der Pipette hat für den einen oder anderen Gast etwas - nunja - Alchemistisches. Geschmacklich gehören Bobs Kreationen zu den zurückhaltenderer Vertretern was Bitterkeit und Alkoholgehalt betrifft. Die Aromen sind eindeutig, sprechen für sich und laden auch zu Experimenten ein. Bis auf die Abbott´s Bitters (40% Vol.) kommen alle weiteren Geschmacksrichtungen mit 20% Vol. daher. Umso feiner lassen sich meiner Meinung nach Lavendel, Kardamon, Süßholz (Lakritze) oder Ingwer altbekannten oder neuen Cocktails hinzufügen. Simon Difford hat Bob´s Chocolate Bitters in Ausgabe 4 des CLASS Magazine mit 5 von 5 Punkten bewertet.
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