Donnerstag, 26. April 2012

Havana Club - Academia Del Ron 2012: Die Workshops und der Contest

Die letzten beiden Tage standen - zumindest im Berliner Postfuhramt, das heute als "Department" firmiert - ganz im Zeichen des kubanischen Rums. "Havana Club" und Brand Ambassador Michael Menegos hatten zur dritten Auflage der Academia Del Ron gerufen und die 30 deutschen Bartender und Bartenderinnen eingeladen, die das beste El Presidente-Rezept vorweisen konnten.
Doch vor dem Mixwettbewerb, einem Blindtasting-Test und einer theoretischen Prüfung hatten die Probanden am ersten Tag ein Schulungsprogramm zu durchlaufen, das mit einem ausgiebigen Rumtasting von und mit Jürgen Deibel begann. Der hatte neben zahlreichen Infos zu Rum und "Havana Club" eine abwechslungsreiche Range zusammengestellt und narrte seine Zuhörer zunächst mit einem Single Malt, dem "The Balvenie Cuban Selection 14 years", der relativ trocken, aber deutlich malzig bei mir ankam, auch wenn sich der Stoff finished in cuban rum casks (von welchem Hersteller wohl?) schimpft. Mehr Zuckerrohrsüße hatte dann "La Tour De L'Or" zu bieten - ein gelagerter Rhum Agricole der allerbesten Art von der Ruminsel Marie-Galante - leider auch aus dem gehobeneren Preissegment. An dritter Stelle roch es aufdringlich nach Vanille - oder nach "Captain Morgan Spiced Gold". Rum Nummer vier hatte ich in Panama lokalisiert und lag richtig: "Abuelo 12 Anos". Der "Havana Club Selección De Maestros" stach mit seinen 45% Vol. und seiner süßen Grasigkeit dann schon etwas raus. Erkannt hab ich ihn aber ebensowenig wie meinen Favoriten "Pusser's Navy Rum Nelson's Blood 15y". Mist.
Und irgendwie kam mir der "Havana Club Anejo 15 Anos" vorher nie so kakaolastig vor, wie in diesem Vergleichsfeld. Die unglaubliche Länge hatte er aber natürlich. Atemberaubend im besten Sinne war dann auch der "Rum Fire". Reine Power aber eben verdammt gut und - äh - smooth. Dass Jürgen Deibel einen Cognac einschmuggeln könnte, war fast anzunehmen. Mit der Probe neun war es dann soweit - "Delamain Pale & Dry" mit Vanille und Trockenfrüchten. Einfach ein verdammt guter Cognac. Wobei ich auch einen alten Agricole in Verdacht hatte. Nunja. Den letzten in dieser Runde konnte nun wirklich fast niemand erraten. Das war der "Fijian Rum 9y" von "Berry Bros. & Rudd", der mit Zigarren und Zedernholz aufwarten konnte. Überraschend gut.
 
Anschliessend ging es in zwei Gruppen in die Separées, wo zum einen Dave Arnold über den Einfluss von Hefe auf das Geschmacksbild von Rum referierte. Das war Theorie pur, die der Meister der Zentrifuge aber durchaus anschaulich und unterhaltsam ("I can distill chicken shit") an das Barvolk gebracht hat.
Weit weniger spaßig waren dann Kent Steinbachs Ausführungen zur Barwirtschaftslehre. Oder macht man sich wirklich permanent Gedanken über den Einkauf von Cocktailkirschen und Limetten? Dafür trafen die vielen Beispiele aus dem Erfahrungsschatz des erfolgreichen Barunternehmers den Kern: Eine Bar muss wirtschaftlich arbeiten. Beim Run nach dem besten Drink wird das gerne mal außer Acht gelassen. Steinbachs Beispiele zur richtigen und falschen Kalkulation eines Standarddrinks gefielen mir zumindest sehr gut. That's it!
Ryan Chetiyawardana, einer der kreativen Köpfe des "Worship St. Whistling Shop" in London, hatte die Nerdbrille zurecht auf der Nase. Wenn Dave Arnold schon für den Gebrauch von flüssigem Stickstoff an der Bar plädierte, setzte er noch was drauf. Ryan ließ Luftballons steigen und erzählte was von radioaktiv bestrahlten Spirituosen. Plem-Plem oder versteckte Kamera? - Nö. Alles ganz normal...
Über Phil Duff braucht man eigentlich nicht mehr viel sagen. Der Ire ist viele Jahre ein echter Globalplayer und bekannt für seine Vorträge über das Business. Bei der Academia referierte er zu den Funktionen und Abläufen des internationalen Spirituosenbusiness. Sein Satz "There is no independent writer" hat mich dann doch aus meinem Sessel im Wohnzimmer hochfahren lassen. Dann fiel mir aber wieder ein, wer mich eingeladen hatte und ich nickte nur zustimmend...
 
Vor dem eigentlichen Cocktailwettbewerb konnte ich kurz mit einem der Vorjahressieger und zugleich aktuellem Jurymitglied, Eyck Thormann aus Hamburg, sprechen.

whatadrink!: Eyck, die Academia läuft gerade zum dritten Mal. Was muss man können, um einen Contest zu gewinnen, bei dem es um Rumdrinks geht?

Eyck Thormann: Man muss sich im Vorfeld natürlich mit Rum allgemeinen und mit "Havana Club" im besonderen - und speziell auch mit dessen Geschichte - auseinander gesetzt haben. Dann muss man nur noch der richtigen Jury den richtigen Drink vorsetzen.

wad: El Presidente ist dieses Jahr die Vorgabe. Hast Du Dir die eingereichten Rezepte vorab schonmal angeschaut?


ET: Nein, da hab ich mich nicht reingearbeitet, weil ich nicht zu sehr von etwas beeinflusst sein möchte. El Presidente spielte auch in den Vorjahren schon irgendwie immer eine Rolle. Er gehört für mich zu den großen Vier der kubanischen Cocktails neben Daiquiri, Cuba Libre und Mojito und schon deshalb muss ihn unbedingt können und auch twisten können. Ich bin da sehr gespannt, was letztlich rauskommt.


wad: Du bist bei der Academia zum ersten Mal auch in der Jury. Welchen Job hast Du da?


ET: Ich darf was trinken, denke ich.


wad: Gratuliere! Was macht den Geschmack des El Presidente für Dich aus?

ET: Der gute Rum. Ehrlich gesagt ergibt das Rezept, wenn es richtig zubereitet wird, einen runden Drink - einfach lecker. Und genau das muss bei einem Twist dann auch rüberkommen. Die Variante muss schon soweit noch angelehnt sein, dass ich sofort erkenne: Aha, da hat sich jemand Gedanken gemacht! Das reine Austauschen der Bestandteile muss auf jeden Fall auch zu einem immer noch runden Eindruck führen. Das ist ganz wichtig, aber es bleibt trotzdem Raum für Kreativität.

Wer das am besten hingekriegt hat? - Hier die Drinks der Sieger 2012:

Almondente - Steffen Goubeaud

5cl Havana Club Seleccion de Maestros
1cl Lustau P.X. Sherry
2cl Apfelsaft (klar)
Hausgemachte Zutat: 2,5cl Almond infused White Port (via fatwashing)
Garnitur: none
Verwendetes Glas: Coupette
Zubereitung: Stir all ingredients and strain into frozen coupette...Enjoy!

The Golden Age (Of Cocktail) - Torsten Spuhn

40ml Havana Club (Earl Grey Tea infusioniert)
1 Bl Grand Marnier Cordon Rouge
20ml Lillet Blanc
10ml PX Sherry (Valdivia o.ä.)
6 drops TBT Havana Bitters
Garnitur: Orange-Twist / Orange-Stripe - Condiments: Eingelegte Kirschen (hausgemacht), dunkle Schokolade
Verwendetes Glas: Cognac-Schwenker
Zubereitung: 1 Teebeutel Ronnefeldt Earl Grey Tea mit Havana Club Rum eine Minute verrühren, Teebeutel entnehmen, weitere Zutaten hinzugeben, mit Eis rühren und werfen, mit Orangenschale abspritzen, (neue) Orangenschale als Deko.
El Humo - Konrad Friedemann


5cl Seleccion de Maestros
2cl Taylor´s Select Reserve Port
1cl Grand Marnier Cordon Rouge
2 dashes Havana Bitters
1 dash Riemerschmid Granatapfel Sirup
Tabakblatt einer Havana Zigarre
Garnitur: Orange-Twist
Verwendetes Glas: Vintage Glass
Zubereitung: Alle Zutaten, bis auf das Tabakblatt ins Rührglas geben und kurz ohne Eis verrühren. Das Tabakblatt in einem Zigarrenaschenbecher anzünden, den entstehenden Qualm mit einem Weindekanter/Karaffe auffangen und anschließend den Mix aus dem Rührglas in den Dekanter gießen. Die Flüssigkeit für etwa 10 Sekunden im Dekanter schwenken und zurück ins Rührglas geben. Den Drink mit Eis kaltrühren und in das vorgekühlte Glas abseihen. Zum Schluss eine begradigte Orangenzeste über den Drink twisten und hineingeben.


Mein Fazit: Die Academia ist eine lohneswerte Veranstaltung der gehobenen Klasse und die Teilnahme für junges und auch etwas erfahreneres Barpersonal durchaus zu empfehlen. Eine Sache, die mir am Rande aufgefallen ist: Aktive Bartender gehen in der Regel doch morgens ins Bett und stehen nachmittags auf. Wieso werden Events für genau diese Zielgruppe immer so terminiert, dass man den ganzen Tag in müde Gesichter unausgeschlafener Menschen schauen muss? 
 
 
 
 
 
 

 
 
 
Mehr dazu: nomyblog, fb,...

Update: Steffen Goubeaud wurde beim Finale auf Kuba (unter 40 Teilnehmern) sehr guter Vierter. Gratulation dazu auch von mir! (siehe hier)

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