



























Besonders löblich "Der kleine Bierfreund" - ein gelungenes Brevier über Bier im allgemeinen und besonderen. Da hat man sich wirklich Mühe gemacht. Aber auch bei den Hauptthemen des Heftes hat sich "BEEF!" verbessert. Gut, es muss jetzt nicht jeder zum "Grillgott" mutieren und in der Küche mit Fleischwolf und Lämmerdärmen eigene Würstchen kreieren. Aber die ein oder andere Anregung zum Lachsbeizen, Pizzabacken und zur Anschaffung nützlicher Hausgeräte ist ja auch enthalten. "BEEF!" ist mittlerweile durchaus erwachsen(er) geworden.
Nach einer Einführung zur Geschichte der Familie Willett, der Firma KBD und zur Geschichte des U.S.-amerikanischen Whiskeys im Allgemeinen startete die Runde den Bourbon Trail "unsachgemäß" mit einem Ryewhiskey, dem "Michter's Single Barrel Straight Rye Whiskey" (42,4% Vol., rund 5 1/2 Jahre gelagert). Komplex ist er, mit klarer Roggenstruktur ausgestattet und trotz des relativ geringen Alkoholgehalts steht er seinen Mann auch in einer süßen Manhattanrezeptur. Herr von Carnap verwendet diesen jungen, aber feinen Rye mit viel Kräuteraroma universell bei der Zubereitung aller Ryedrinks an seinem Wirkungsort, der Lux Bar. Ich würde ihn aber auch jederzeit als Sippingrye empfehlen.
Im ersten fünfköpfigen Flight der "unter 50%-Bourbons" traf ich mit "Kentucky Vintage" (45% Vol.) und "Willett Pot Still Reserve" (47% Vol.) alte, wohlschmeckende Bekannte. Auch mit "Corner Creek" (44% Vol.) und "Michter's Small Batch US*1 Bourbon" (45,7% Vol.) konnte ich mich schnell anfreunden. Der "Old Pogue" (45,5 % Vol.) war mir persönlich etwas zu brav.
In der zweiten Auswahl ging es mit fünf Vertretern der Klasse um die 50% Vol. schon etwas mehr zur Sache. Neben Mikes Favorit - seinem Alltagsbourbon zuzusagen - "Rowan's Creek" (50,05% Vol.) stachen für mich der zugängliche, aber gehaltvolle "Pure Kentucky XO" (53,5% Vol.) mit seinem Honigaroma und der sehr reife, aber nicht zu eichige "Noah's Mill" (57,15 % Vol.) heraus. Die beiden 50,5-Prozenter "Old Bardstown Estate" und der bekanntere "Johnny Drum Private Stock" sind Beispiele bester bodenständiger Destillierkunst und taugen als Sipping Bourbon ebenso wie im Mixbetrieb.
Die absolute Oberklasse definierten am frühen Abend nach einem exquisiten Chili mit Datteln und Pfirsichen drei besondere Vertreter. Während der 17jährige "Vintage Bourbon" (47% Vol.) zwar mit deutlichen Fassnoten von Vanille und Karamell bestach, aber durchaus auch kantig wirkte mit seinem zartbitteren Finish, waren die beiden Fassstärkenabfüllungen von Willett im Alter von 9 bzw. 17 Jahren und mit 61,4 bzw. 69,1% Vol. einfach nur umwerfend. Bei beiden Bourbons lohnt eine kleine Wartezeit nach dem Einschenken damit der Alkohol ein wenig verfliegt und so nicht in die Nase sticht. Trotzdem haben wir es mit heftigen, aber keineswegs sprittigen Bomben zu tun. Großartig der 9jährige, der süßere der beiden, der mit mehr Toffee aufwarten kann. Noch eindrucksvoller präsentiert sich der "Willett" in der 17jährigen Abfüllung, die nach den Zollpapieren sogar erst nach etwas über 18 Jahren in die Flasche gekommen ist: sehr komplex, mit kandierter Orange und angebranntem Karamell, weich und rund mit einem Gewitter von Fassnoten und einem trockenen Abgang der minutenlang anhält und einen (fast) betäubten Genießer mit (kurzzeitig) gelähmten Geschmacksknospen hinterläßt.
Über KBD lässt sich vielerorts nachlesen. Essentiell ist m.E., dass es sich in erster Linie nicht um einen Hersteller (Die Distillers destillieren also gar nicht selber), sondern um einen Abfüller handelt. KBD ist aber auch gleich der größte dieser Art in den USA. Zudem besitzt man die "Willett"-Lagerhäuser mit einer Kapazität von rund 50.000 Fässern. Mitlerweile wurde aber auch die alte Brennanlage der "Willett Distillery" mit einer Continous und einer Pot Still (siehe "Willett Pot Still Reserve") wieder in Stand gesetzt und in Betrieb genommen. Der Stoff kam und kommt in größerem Umfang von der benachbarten Destillerie "Heaven Hill", die weltweit eine unübersichtliche Zahl von Marken und Abfüllungen (z.b. "Evan Williams", "Parker's Heritage", "Elijah Craig",...) verkauft. Welcher Whiskey gekauft und wie lange er gelagert wird bevor er geblendet (oder eben nicht) abgefüllt und verkauft wird, obliegt also den KBD unter der Führung der Familie Willett/Kulsveen.
Das "nur leicht filtrierte" Destillat namens "Alambic's Special Caribbean Gin" hat eine (Aha!) 13-jährige Fasslagerung hinter sich. Die letzten zwei Jahre davon hat es in einem Ex-Rumcask verbracht. Nun steckt es in 272 Flaschen. Die Alkoholstärke ist ebenfalls rekordverdächtig: 65,5% Vol. Das sei die Originalfassstärke und zudem habe man auf eine nachträgliche Färbung verzichtet - so die offizielle Verlautbarung. Zum Hersteller, verwendeten Botanicals und Herstellungsweise gibt es keine Infos. Auch gut.
"White Whisky - Rye Malt" (L RM 08, 41% Vol.): Anfänglich leichtes Getreide, dann überwiegt Fruchtaroma von Birne und Apfel; Auf dem Gaumen süß und gefällig mit leichten Fassnoten; Mehr Obstbrand als "White Dog"; Der "White Whisky" ist m.E. ein un- oder nur sehr kurz gelagerter "Original Rye" (s.u.) - Ein Holzfass hat er zumindest nicht von innen gesehen. Keiner der Tester hat vorher einen Rye-"White Dog" probiert, daher war ein substantiierter Vergleich nicht möglich.
"Original Rye-Whisky" (L 19/05, 41% vol.): Deutliche einladende Getreidenase; malzig und bittersüß, dann etwas flacher, würziger Abgang; Österreichs erste Whiskydestillerie verwendet hier eine Mischung aus 60% Roggen- und 40% Gerstenmalz in der Maische im Gegensatz zu U.S.-amerikanischen Mashbills, die das Getreide bei Bourbon ungefähr im Verhältnis 80-10-10 (Mais-Roggen-Gerstenmalz) und beim Rye im ungefähren Verhältnis 51-38-11 (Roggen-Mais-Gerstenmalz) mischen.
"Pure Rye Malt" (L 10/05, 41% Vol.): Süßes Malz und Blütenhonig; Honigsüßer Auftakt mit leichter, gut eingebetteter Roggenwürze; Leichtes Finish; Das einzig vergleichbare Produkt ist der "Old Potrero"-Rye aus San Francisco, wo - wie hier - 100% Roggenmalz zum Einsatz kommt. Haider verwendet für seinen "Pure Rye Malt" allerdings nur hell bzw. normal geröstetes Malz. Der "Old Potrero", der derzeit in Europa lediglich als 2-3jähriger allerdings mit Alkoholstärken um 63% Vol. erhältlich ist, hat mehr süße Schokoladentöne und wirkt zudem körperreicher und fetter.
"Special Rye Malt 'Nougat'" (L 7/05, 41% Vol.): Leichte Nase; Milchschokolade und (Überraschung!) Nougat vor dem frühen, bittersüßen Roggenabgang; Hier kommt dunkel gemälzter Roggen zum Einsatz. Wiederum ohne die Beigabe anderer Getreidesorten. Einer der Tester meinte, er würde nie einen Whisky mit dem Namenszusatz "Nougat" kaufen.
Noch ein paar Infos: Die Fässer aus Manhartsberger Sommereiche (=Traubeneiche) werden maximal dreimal befüllt. Vor dem ersten und dem dritten Befüllen - mit rund 60%igem Destillat - werden sie vom Fassbinder besonders stark ausgebrannt. An der Losnummer lässt sich die Lagerdauer ablesen. Eine aktuelle Abfüllung aus 2011 mit L-Nr. 7/05 war demnach rund 6 Jahre im Eichenfass. Die erste Zahl bezieht sich übrigens nicht auf den Herstellungsmonat, sondern auf die fortlaufend nummerierten Brennvorgänge (hier also 7. Brand in 2005).
Fazit: Das Echo der Tester war zwiespältig. Während der eine oder andere von der Existenz des österreichischen Roggens überrascht war und der Sache offen gegenüber stand, ließen andere ihre Skepsis gegenüber GSA-Whiskies durchblicken. Begriffe wie "typischer Bierbrand" u.ä. wurden genannt. Auch das Packaging in obstbrandtypischen, schlanken 0,35l- und rustikalen 0,7l-Flaschen fand wenig Zuspruch.
Ich finde, dass diese Roggenbrände zum einen sehr saubere Produkte sind (Dem einen sind sie "zu sauber", dem anderen wiederum "zu flach"). Dass es sich nicht um Ryebomben handelt, die gegen die großvolumige Konkurrenz aus den USA, wo in der Regel kein Roggenmalz, sondern eben ungemälzter Roggen, der einen "härteren" Whiskey ergibt, und ein Großteil Mais in die Maische kommt, "anstinken" können, war fast zu erwarten. Dass Haiders feine Roggen im Kreis von Maltfreunden durchaus Gefallen finden, ist vorstellbar. Für klassische Whiskeycocktails, die nach einem stabilen und höherprozentigen Rye verlangen - wie z.B. Manhattan, Sazerac oder Brooklyn - wäre mir der Österreicher zu filigran. Ich würde mir also einen stärkeren "Waldviertler" wünschen. Ein "Nougat" mit einem Alkoholgehalt von 46-50% Vol. und durchaus mit mehr Körper und Tiefe (Warum nicht mit einer Mais-Roggen- oder Roggen-Roggenmalz-Mischung?). Dass der Betrieb der Familie Haider dazu im Stande ist, ist für mich zweifelsfrei der Fall.
In der "Selections"- und der Fassstärkenreihe sind Abfüllungen mit 46% bzw. über 50% Vol. erhältlich. Einen hochprozentigen Rye habe ich im Onlineshop allerdings vermisst. Neben den bereits erhältlichen Ryes und Single Malts wird ab Juni auch ein getorfter Malt erhältlich sein.
Ich darf Frau Haider für die zur Verfügung gestellten Informationen recht herzlich danken.
Hinweis: Eine 0,2l-Flasche des "Original Rye-Whisky" wurde mir von der Destillerie J. Haider kostenlos übersandt.
"Schweppes Ginger Beer" (330ml Aludose, canned by Swire Coca-Cola HK Ltd., Hong Kong): gelblich, leicht trüb, bemerkenswerter "Zisch", kaum Ingwer, wie "abgestandene Zitronenlimonade";
DER Maibock in München ist ein Gebräu namens "Heller Bock" (7,0% Vol.) von der "Augustiner" Brauerei. Optisch erscheint er wie ein Helles, hat aber bereits in der Nase mehr Würze als sein heller Bruder. Auch läßt der Bock bereits im Antrunk die charakteristische Süße vermissen. Malz und Hopfen sind also bestens ausbalanciert und so ist der Bock ein verdammt gutes (Stark)Bier und vielleicht das beste Helle vom "Augustiner". Schade, dass es nur kurze Zeit erhältlich ist.