Donnerstag, 2. Mai 2013

Wiedervorlage: Rum Single Cask Bottlings

quality or quantity
don't tell me they're the same.
("Quality Or Quantity", Bad Religion, 1990)

"Kannst Du mir mal die Mediadaten zu Deinem Blog rüberschicken? Wie erfolgreich bist Du denn?" - Erfolgreich? Wie erfolgreich ist dieser Blog hier? Diese Frage hab ich mir nie gestellt und werde das auch in Zukunft nicht tun. Zumindest will ich Erfolg nicht in Zugriffszahlen und Blogstatistik messen. Erfolg wird nach meiner Meinung messbar, wenn Leute, über die du geschrieben hast sagen "Guck mal, das hier ist DER Blogger.", wenn sie dich jemandem vorstellen. Dann wissen alle Beteiligten, dass über DEN Blogger vorher nicht gerade in grenzenloser Liebe und Zuneigung gesprochen worden war. Ich hüpfe in solchen Situationen (innerlich) vor Freude auf und ab.

Menschen, die Spirituosen verkaufen, werden Erfolg sicher auch in der Anzahl der verkauften Flaschen messen. Vielleicht sogar in der Anzahl der verkauften Flaschen in einer bestimmten Zeitspanne - z.B. wieviele Stunden es gedauert hat, um ein paar tausend Flaschen Ardbeg - 'tschuldigung - Ardbog loszuschlagen - inklusive Serverzusammenbruch aufgrund des Ansturms etc. Man könnte Erfolg aber auch in Qualität messen. Ein schottischer Master Distiller oder Blender wird vielleicht auch manchmal darauf schielen, was über den von ihm geschaffenen Whisky so alles gesagt und geschrieben wird. Gleiches gilt für die sog. "unabhängigen Abfüller", die bestimmte Whiskyfässer aus einer Vielzahl angebotener Proben nach eigenem Geschmack auswählen, abfüllen (lassen) und dann feilbieten.
 
Einige dieser Herrschaften haben sich in den letzten Wochen und Monaten sehr verdient gemacht - und zwar um Rum. Nachdem unsereins jahrelang jeden besseren und nicht so guten, jungen oder lang gelagerten Tropfen, den die italienischen Labels/Firmen Moon Import, Samaroli, Velier, usw. sowie ihre schottischen Pendants Cadenhead's, Berry Bros. Rudd oder Bristol Spirits in Flaschen gepackt haben, gierig aufgesogen hat, wurde ich nun von zahlreichen neuen Abfüllungen aus aller Herren Rumländer aufs Positivste überrascht - und zwar in cask strength, ungefiltert, ungefärbt, ungeblendet aus einem Einzelfass! Was im Bereich der Single Malts längst niemanden mehr vom Hocker haut, war bei Rum bislang selten. Sehr selten sogar. Aber diese Dürreperiode ist vorbei und daher konnte ich zusammen mit einem kompetenten Mittester letzte Woche mit 17 brandaktuellen Fassstärken einen Rumabend absolvieren, der nur einen Teil der im Moment marktgängigen Flaschen umfasste. Da ich den werten Leser nicht mit langen Beschreibungen der Flaschenform und noch längeren Tastingnotes langweilen will, hier nur kurz ein paar Anmerkungen zu unseren Favoriten:  

Panama, Don Jose, 8 Jahre, 54,5%, The Rum Cask (ca. 45 EUR): In der Nase Islay Malt (Port Ellen), mit Wasser mehr Vanille; Am Gaumen nur kurz süß, dann schnell trockner, Gin, Wacholder, Ein Abgang mit Torfrauch. Das soll Panama sein? Geil.
 

Guadeloupe, Bellevue (Melasse), 14 Jahre, 54,4%, The Rum Cask (ca. 73 EUR): Was für eine Farbe! Eichenfass; rund aber komplex; mit dunkler Schokolade, trocknem Sherry, dunkel geröstetem Kaffee;
 
Jamaica, Long Pond (Refill Sherry Butt), 10 Jahre, 81%, SMWS (ca. 74 EUR): Wasser bitte! Esternase, Frucht pur; jung und bissig, Jamaikasüße, Silberzwiebeln, etwas Trockenfrüchte, leichtes Holz, lang (und wärmend);

Jamaica, Monymusk, 21 Jahre (Refill Sherry Butt), 66,2%, SMWS (ca. 100 EUR): Feiner Jamikaner mit Sherrynase; reife, rote Früchte; fein und komplex; Ein perfekt gereifter, karibischer Gentleman im Sherrymantel; Great!

Barbados, Rockley Still, 25 Jahre, 52,7%, Duncan Taylor (ca. 96 EUR): Chinosoltabletten (gegen z.B. Fußpilz), medizinisch, alter Lederschuh; sehr komplex mit Bienenwachs und Honig; Rauch nimmt nur langsam ab;

Guyana, Uitvlugt, 23 Jahre, 54,9%, Duncan Taylor (ca. 110 EUR): trockene Frucht, frische Eiche; einfach guter, ausgereifter Rum, der immer lebendig erscheint;

Guyana, ???, 24 Jahre, 52,6%, Isla Del Ron (ca. 115 EUR): Pinienwald, altes Buch, etwas klebrige Nase; dann aber rund und ruhig, Rum wie ein langer Fluß, Melasse;

Guyana, ??? (Refill Sherry Butt), 21 Jahre, 71,4%, SMWS (ca. 105 EUR): Wasser! Demerara; alte Möbel, Politur; Sherryfass! aber bei der Power nur zur Abrundung; immer trockner, sehr komplex;

Neben diesen sieben gefielen uns auch die Jamaikaner von The Rum Cask (Hampden Estate, 12 Jahre, 62%) und Isla Del Ron (29 Jahre, 56,2%) sowie der Enmore von Duncan Taylor (27 Jahre, 52,5%) besonders gut. Was haben wir gelernt? - Alte Jamaikaner (auch schön, der 35-years-old von The Whisky Agency) und Rum aus Sherryfässern sind wie Demerararum (insbesondere ab 20 Jahren Lagerzeit) immer einen Versuch wert.

Herr Owczarek von The Rum Cask war so nett mir ein paar Fragen zu beantworten.

wad: Sie haben Erfahrungen mit eigenen Maltwhiskyabfüllungen gemacht und sind neuerdings mit "The Rum Cask" auch mit fünf verschiedenen Singlecask-Rums auf dem Markt vertreten. Wie kam es zu Ihrer Entscheidung gerade jetzt auch auf Rum zu setzen?

Herr Owczarek: Nachdem wir uns die letzten Jahren im Bereich Single Malt Whisky immer tiefer in die Materie eingearbeitet hatten (mit Verwandschaft in Schottland ist das gar nicht so schwer), sind wir in letzter Zeit  immer wieder auf der Suche nach anderen hochwertigen Bränden gewesen. Man will ja seinen Horizont erweitern. Dabei habe ich immer wieder verschiedene Rumabfüllungen getestet. Es waren durchaus tolle Vertreter dabei. Oft störte mich aber, dass es wenige Rums in Fässstärke gab. Die höherprozentigen Abfüllungen sind meiner Meinung nach bei den Single Malt Whiskies oftmals viel interessanter. Warum soll es bei Rum anders sein? Also suchten wir nach Fässern mit Rum wie Gott sie schuf. Nachdem wir dann auch wirklich Proben bekamen, waren wir von den Qualitäten begeistert. Die mussten unbedingt abgefüllt werden. Andere sollen auch das Vergnügen haben solche tollen Abfüllungen zu trinken. Wir denken, hier sieht man was bei Rum wirklich möglich ist.

wad: Ihre Abfüllungen sind erst seit ein paar Wochen auf dem Markt. Aber vielleicht haben Sie schon eine Einschätzung, wie der Stoff bei den Kunden ankommt - z.B. bei Whiskymessen?

Herr Owczarek: Auf der Whiskymesse in Bochum hatten wir schon unsere Rums mit dabei. Wir waren überrascht wie gut sie bei den Kunden ankamen. Besonders Inhaber verschiedener Bars lobten die Qualitäten und bestellten verschiedene Abfüllungen um Ihr Programm zu bereichern. Das war für uns das Feedback alles richtig gemacht zu haben und gab uns noch mehr Ansporn weitere Abfüllungen folgen zu lassen.

wad: Sie dürfen über die Quelle Ihrer Rums nichts verraten. Ich denke, es wurden Ihnen aber mehr Fässer angeboten, als Sie derzeit im Programm haben. Planen Sie für die nähere Zukunft weitere Releases?

Herr Owczarek: Wir haben sehr viel Spaß an den jetzigen Abfüllungen. Deshalb haben wir  auch unseren Shop in The Whisky Cask und The Rum Cask umbenannt. Mit  Sicherheit werden das nicht unsere letzten sein. Für uns ist aber eines das wichtigste: Die Qualität muss stimmen.

Sehr schön. Da kann ich nur zustimmen. Eine Einzelfassabfüllung ist ein ungeschliffenes, authentisches Dokument. Nicht mehr - nicht weniger. Aber bitte mehr davon!

Sehr sachliche und fundierte Besprechungen weiterer Single Cask-Rums gibt es auf dem lesenswerten Blog barrel-aged-thoughts nachzulesen und auch Herr Valentin von whiskyfun widmet sich von Zeit zu Zeit Zuckerrohrdestillaten.

Ich darf an dieser Stelle anmerken, dass ich versucht habe von den deutschen Firmen Isla Del Ron (Malts Of Scotland) und The Whisky Agency weitere Informationen zu deren Bottlings zu bekommen. Während von der einen Seite eine Liste, die nicht mehr als die Angaben auf den Labels enthielt, übermittelt und auf weitere Nachfragen meinerseits die Kommunikation eingestellt wurde, äußerte sich die andere Seite nicht. Enttäuschend. 

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