Montag, 6. Juli 2015

Heaven Hill - First Strike by the Germans (doing crazy things with american whiskey)

Während die schottischen Whiskymacher offenbar nicht wissen, ob ihre wirtschaftliche Entwicklung nun nach unten geht, weil sie in der letzten Zeit insgesamt gesehen weniger Flaschen verkauft haben, oder ob es dann doch nach oben geht, wenn man das gestiegene Interesse an hochwertigen Abfüllungen (Preis und/oder Qualität) und die Entwicklung zahlreicher Destillerie-Neugründungen betrachtet, bleibt eines unbestritten: In den letzten paar Jahren hat sich der Markt für amerikanische Whiskies stets positiv entwickelt - ganz egal ob es um geflavourte Grusel-Anti-Whiskies oder um langzeitgelagerte Edelabfüllungen geht (vor allem, wenn auf denen die Worte Pappy oder zumindest Stitzel-Weller stehen). Dazu gibt es immer wieder neue Experimente in Sachen Getreidemischungen (Reis!) und Fasslagerung zu bestaunen und der Sammlermarkt ging geht auch völlig durch die Decke.


Das wissen wir doch alles schon, werden Sie (nicht nur als Leser dieses kleinen unsäglichen Machwerks) sagen. Stimmt. Aber haben Sie auch gesehen, dass der renommierte deutsche Whisky & Rum-Abfüller Thomas Ewers (Malts Of Scotland!) jetzt eine neue Serie gestartet hat? Unter dem Label "Whiskey Of America" hat er letzte Woche zwei Single Barrel-Abfüllungen aus der gigantischen Heaven Hill-Destillerie in Kentucky (bekannt durch z.B. Elijah Craig und Evan Williams) auf den Markt gebracht. Einer der beiden ist 13 oder 14 Jahre alt und wurde in einem Sherryfass gelagert. Wie bitte? Und das gerade jetzt, wo doch die U.S.-Größen, aufgrund der erhöhten Nachfrage, ihren Whiskey nicht mehr im Bulk verkaufen? Ich nahm das natürlich zum Anlass, um bei Herrn Ewers nachzufragen.
whatadrink!: Herr Ewers, mit "Malts Of Scotland" und "Isla Del Ron" sind Sie seit einigen Jahren der vielleicht am meisten geschätzte Scotch- und Rum-Abfüller aus Deutschland, wenn man sich bei den Kennern und Connaisseuren umhört und auf internationale Auszeichnungen z.B. der Malt Maniacs oder des Whisky Magazines schielt. Nun haben Sie mit zwei Abfüllungen aus dem Haus Heaven Hill erstmals einen Kentucky Straight Bourbon Whiskey im Programm. Das ist jetzt nicht total überraschend für mich, da in letzter Zeit nicht nur der Markt für amerikanischen Whiskey in Bewegung geraten ist, sondern auch weil zuvor schon ein paar interessante Heaven Hill-Bottlings das Tageslicht erblickt haben. Wie aber kam es zu Ihren Abfüllungen? Wurden Ihnen die Fässer durch Broker angeboten oder haben Sie die direkt aus Kentucky?


Herr Ewers: Ja das stimmt mit dem Erfolg. Ich selber hätte es nie für möglich gehalten. Bezüglich der Heaven Hill-Whiskies verhält es sich so, dass ich diese bereits vor drei bis sechs Jahren erworben habe - alle über Broker. Die amerikanischen Brennereien verkaufen nicht direkt an Abfüller - zumindest nicht an kleinere Firmen. Die ersten Fässer wurden mir im Jahr 2009 angeboten. Die habe ich eigentlich mehr so aus Interesse erworben. Einfach um zu sehen, was der amerikanische Whisky so kann, wenn man ihn länger liegen lässt. Da ich schnell gemerkt habe, dass dies durchaus interessant für die Zukunft sein kann, habe ich versucht, weitere Fässer zu bekommen und über die letzten Jahre immer mal wieder welche dazu erworben.


whatadrink!: Ein Streitpunkt unter Bourbonfans ist schon länger die Frage, ob man zur Reifung eines "echten" Straight Bourbon auch andere Fasstypen als nagelneue, ausgekohlte, amerikanische Weißeichenfässer nutzen darf/sollte. Dabei geht es den Puristen nicht nur um die gesetzlichen Bestimmungen. Nach einem (wenig gelungenen) Experiment von Wild Turkey mit Olorososherryfässern vor einigen Jahren sind in letzter Zeit insbesondere Fassfinishes in allerlei Ex-(Süß)Wein- und sogar Ex-Rumfässern auf den Markt gekommen und parallel dazu regte sich die Debatte um die Wiederverwendung von gebrauchten Bourbonfässern in den USA aus Kostengründen bzw. aufgrund der hohen Nachfrage in den Cooperages. Sie bieten jetzt einen in 2001 destillierten Bourbon aus einem Sherryhogshead an. Von einem Finish steht nichts auf dem Etikett und Hogshead klingt nach Schottland/Europa und nicht nach USA. Wie und wann kam der Whiskey ins Sherryfass und wo wurde er gelagert?



Herr Ewers: Alle unsere Bourbonfässer haben wir in einem Alter von über 3 Jahren erworben und alle Fässer waren zu Beginn klassische Barrels. Der 2001er z.B. wurde von mir vor drei Jahren in ein frisches Sherryfass gelegt, da die Holznote für mich zu dominant war. Ich besitze auch noch weitere Fässer, die in Schottland liegen, und nach drei Jahren in Sherry Butts umgefüllt worden. Das Ergebnis ist hervorragend!


Bezüglich der Lagerung und der Bezeichnung ist es so, dass laut amerikanischer Gesetzgebung die (erste) Lagerung mindestens zwei Jahre in einem frischen Fass ablaufen muss. Ein Finishing danach sollte aber kein Problem sein. Selbst Jim Beam hat ja mittlerweile in Sherryfässern nachgelagert. Bis jetzt spricht also nichts dagegen, dass es sich bei unseren Bourbons auch um Kentucky Straight Bourbon handelt. Es gibt auch keine andere offizielle Richtlinie. Sollte sich irgendwann etwas ändern, ist es vielleicht nicht mehr möglich diese Fässer als (Straight) Bourbon zu bezeichnen. Ich hoffe, dass ich dann meine Sherrybourbons abgefüllt habe.


whatadrink!: Neben Bourbons erfreuen sich Ryewhiskeys wieder großer Beliebtheit. Haben Sie da schon etwas in Vorbereitung oder gar schon in Ihrem Warehouse in Paderborn liegen? 


Herr Ewers: Oh ja. Wir haben ja "The Westfalian", unseren deutschen Whisky, der im Lager reift. Seit 2012 aus Grain & Malt, seit 2013 aus Mais und ab 2014 aus Roggen. Die beiden letzteren wie bei traditionellem Bourbon in extra aus Amerika importierten frischen Fässern die genauso sonst von den dortigen Brennereien genutzt werden. Diese beiden Sorten entwickeln sich ganz prächtig und stehen dem Stoff aus Amerika in nichts nach. Auch unser Malt & Grain ist im übrigen außergewöhnlich gut für einen deutschen Whisky. Wir haben das Glück einen Destillateur hier vor Ort zu haben, der das Whiskybrennen in Schottland gelernt hat und einige Dinge eben anders macht wie andere deutsche Brenner. Das Ergebnis jetzt ist schon erstaunlich.
Ja, erstaunlich was uns Herr Ewers da so mitzuteilen hatte. Ein zum Teil in Europa gereifter Bourbon aus 1st-Fill-Sherry-Fässern also. Aha. Auch die relativ geringe Alkoholstärke von 48,1 bzw. 52,1 % Vol. (bei den amerikanischen Single-Barrel-Abfüllungen ist man an Werte von über 60% gewöhnt) lässt sich (vielleicht) so erklären: Das Feuerwasser wurde vor dem Umfüllen auf europäische Dimensionen reduziert, um die Prägung durch das Fass besser in den Griff zu bekommen und sich auch einer machbaren Trinkstärke anzunähern. Egal, nun endlich zum Whiskey selbst.

Alle Heaven Hill Bourbons werden nach einer Mashbill produziert. Ob die nun 78% Mais, 12% Gerstenmalz und 10% Roggen oder vielleicht doch 75-12-13 beträgt, ist nicht zu klären. Die Shapiras (HH ist ein Familienunternehmen) lassen das offiziell nicht so richtig raus. Es handelt sich aber definitiv um eine Low-Rye-Mashbill. Der jüngere der beiden (Cask MoS 15042) wurde also 2005 gebrannt und nun in 2015 mit 52,1 % Vol. abgefüllt - ist also neun oder zehn Jahre alt. Nach Herrn Ewers Ausführungen ist anzunehmen, dass der Knabe mindestens drei Jahre in den USA gelagert wurde und sich anschließend in Europa herumgetrieben hat. Das Resultat: Es ist ein Bourbon! Und zwar ein sehr guter. Klassische Bourbonnase, gut eingebundener Alkohol, milder Antritt und - vielleicht durch die europäische Reifung - eine nicht hervorstechende Vanille-Eiche. Ich dachte zuerst an einen Rockhill Farms, was aber völliger Blödsinn war. Das Bourbonprofil erinnerte mich mit der Zeit dann an einen E.H. Taylor Single Barrel, was auch in Sachen Mashbill passen könnte. Aber lassen wir das Generde sein. 

Zum Bourbon aus dem Sherryhogshead (2001/2015, 48,9% Vol., Cask MoS 15041) möchte ich folgendes anbringen: O La La! Großartiger Beginn, voll und rund, Harmonie und Balance (was dem WT Sherry Signature völlig fehlte), Sherrysüße und Gewürze, Bourboneiche und ein Tick Säure. Best of both worlds! Geht definitiv ohne Wasser. Sollte man unbedingt probieren. The (one and only) Kentuckian Sherry Bomb - Whatadrink!

Und hier noch ein kleines Sommerschmankerl...

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