Mittwoch, 5. September 2012

Ardbeg Galileo @ Bar Gabányi

"Wie heißt der Neue da jetzt? Galaxy?" Jaaa, einem Bill Deck kann man mit ner Rakete auf der Straße und einer ganzen Rotte Models in Rennanzügen Raumanzügen nichts vormachen. Aber fangen wir doch am Anfang an.

Am Samstag fiel der internationale Startschuß für "Ardbeg's" 2012er Limited Edition namens Galileo. Am Montag wurde der Astrowhisky dann offiziell in Münchens brandneuer "Bar Gabányi" vorgestellt. Aber was heißt vorgestellt? Es gab Raumfahrerpuppen, Raumfahrerinnen, Mondlandschaft und Spacebarbeque nebst Grillmeistern in silbernen Anzügen, dazu eine meterhohe Rakete auf einem Lieferwagen und natürlich einen Gastgeber. D.h. es gab zwei, denn zum einen begrüßte Namensgeber und Chef Stefan Gabányi die Gäste und zum anderen war ja Hamish Torrie da. Der ist sozusagen der oberste Marketingmann von "Glenmorangie" und "Ardbeg" und war damit der höchstdekorierte Whiskyfachmann unter der anwesenden Fachschaft "Scotch".

Torrie waltete dann unter großem Applaus seines Amtes und erklärte Gabányis neues Reich im Untergeschoss zur "Ardbeg Embassy" inklusive Fahnenübergabe und Blitzlichtgewitter. In diesen Hallen wird man also in Zukunft den edelsten Stoff vom schroffen Eiland Islay (Verzeihung) kredenzen und zwar vor allen anderen. Hurray!

Den Anfang durfte also der Galileo (49% Vol., ca. 90 EUR) machen. Ein 12jähriger "Ardbeg" mit rund 30%igem Anteil von in sizilianischen Marsalafässern gelagertem 1999er Malt. Whiskycreateur Dr. Bill Lumsden hatte nach dem Kauf der Destillerie durch LVMH und der Wiederaufnahme der Produktion eine ganze Reihe "Versuchsballons" gestartet - u.a. mit den besagten Süßweinfässern. Die restlichen 70% stammen von 1st-fill und 2nd-fill Bourbonfässern aus dem gleichen Zeitraum. Kein Finish also, sondern ein sauberes Vatting. So entstand ein in bestem Sinne gefälliger Whisky, der keineswegs zu süß ist. Auch die Torfbelastung hält sich in Grenzen. Leider auch die Länge. Weitere Tastingnotes erspare ich den Lesern - das können andere besser - doch möchte ich anmerken, dass der Galileo vielleicht kein "Ardbeg"-Meilenstein für die Ewigkeit ist, von dem man drei Kisten im Keller haben muss. Gerade aus diesem Grund macht der Kauf einer Flasche und baldiges Entleeren derselben aber Sinn.
Warum aber nun das ganze Weltraumgedöns? Ich mache es kurz: "Ardbeg" hat die Ehre an einem wissenschaftlichen Experment teilnehmen zu dürfen, bei dem es um Geschmackskomponenten (hier: Terpinene) geht. In diesem Zusammenhang wurden schon Ende letzten Jahres Proben von frischem "Ardbeg" New Make Spirit zusammen mit Holzsplittern von Whiskyfässern in eine Art schwarzes Plastikröhrchen gepackt - getrennt voneinander versteht sich. Angekommen auf der ISS - via russischer Rakete - wurde die Trennung zwischen den beiden Komponenten aufgehoben und New Make und Holzsplitter sind seit dem in Kontakt. Gleiches wurde in Houston und auf Islay durchgeführt. Bei "Ardbeg" faßte man den Plan, mit einer Whiskyabfüllung diesem weltbewegenden Ereignis zu gedenken und so gibt es nun Galileo. Ideen muss man eben haben. Ich hatte auch eine - wenn auch naheliegende - und plauderte ein bisschen mit Mr. Torrie. Der konnte zumindest nicht sagen: "I can't tell you that. My marketing people will kill me."

whatadrink!: Hamish, Sie sind schon lange im Geschäft, sind aber kein Whiskymacher. Was ist Ihre genaue Aufgabe?

Hamish Torrie: Nun, eigentlich bin ich ein Händler. Wir bei "Ardbeg" und "Glenmorangie"arbeiten sehr eng mit unseren Whiskymachern zusammen. Und so gibt es manchmal zuerst den Whisky und manchmal zuerst die Idee. Dr. Bill Lumsden, das ganze Team und ich denken ständig darüber nach, wie wir unseren Whisky auf den Markt bringen können. Dabei soll - in diesem Fall "Ardbeg" - immer ein wahres Produkt sein. Und mein Job ist es diese Wahrheit auszudrücken und zu vermitteln. Beim Galileo gingen wir zu Bill und sagten, dass wir die überraschende Möglichkeit zur Teilnahme an dem Raumfahrtexperiment gerne mit einem Whisky feiern würden und fragten ihn, was er darüber denkt. Er kreierte daraufhin den Galileo, bei dem dessen kleines Herz aus "Ardbeg" aus den Marsalafässern mit Whisky aus Bourbonfässern umschlossen ist.
wad: So ähnlich wie wir es vom Uigeadail und dessen Sherry Heart kennen?

HT: Ja, genau. Der Marsala-"Ardbeg" allein ist zu sirupartig - overpowering. Zusammen mit dem klassischen Ardbeg aus Bourbon Casks bekommen wir die richtige Balance.

wad: Das Verhältnis zwischen Marsala- und Bourbonfaßwhisky liegt bei 30:70?

HT: Ja, stimmt. Dem kräftigen, torfigen "Ardbeg" musste man schon relativ viel entgegensetzen.

wad: Und es funktioniert.

HT: Absolut. It works! Aber lassen Sie es mich so sagen: Wir würden keinen Whisky auf den Markt bringen, der nicht funktioniert. Und es gab über die Jahre auch Experimente, die nicht geklappt haben.

wad: Bei Ihrer Marktposition haben Sie aber doch auch mehr Nachfrage als wie Sie Whisky herausbringen können. Wieviele Flaschen gibt es vom Galileo weltweit? Inklusive Weltall versteht sich.

HT: Hm, das müssten rund 52.000 Flaschen sein.

wad: Und wieviele Mitglieder hat das "Ardbeg" Committee aktuell?

HT: So 80.000 sind das geworden.

wad: Demnach bekäme nicht jedes Mitglied eine Flasche.

HT: Ja, aber meine Tante und meine Schwester sind auch Mitglied und die haben nicht jede Abfüllung gekauft.

wad: Es gab wohl ein bisschen Verwirrung über die Bestandteile des Galileo im Vorfeld. Einige Leute haben die Sache mit dem ISS-Experiment und der Namensgebung kombiniert und vermutet, dass der Weltraumwhisky ins Vatting geflossen wäre.

HT: Oh nein. Das dürften wir aufgrund der Regularien der Scotch Whisky Association niemals Whisky nennen. Scotch muss immer in Schottland gereift werden und zwar in Holzfässern.

wad: Und der New Make aus dem Weltraum ist ja auch viel zu jung.

HT: Ganz klar. Das ist ein wissenschaftliches Experiment. Es ist defintiv kein Whisky da oben. Und wenn wir den wieder zurückbekämen, dürften wir eine Abfüllung, in der er enthalten ist - z.B. ein Vatting mit auf der Erde gereiftem Whisky - niemals Whisky nennen. Auch nach drei Jahren Reifungszeit nicht. Übrigens lassen wir uns auch das Packaging für neue Bottlings lange im voraus von der SWA genehmigen.

wad: Die ersten Bilder vom Label kamen aber aus den USA.

HT: Ja, wir müssen dort immer einen Registierungsprozeß durchlaufen. Und das ganze findet öffentlich statt, ist im Internet einsehbar. Die cleveren "Ardbeg"-Fans in den Staaten saßen da und haben nur darauf gewartet, dass wir mit unserem Antrag kamen.

wad: Ich glaubte zuerst an einen Fake so ungewöhnlich sieht das Label aus.

HT: Danke. Wir versuchen jedes Jahr ein bisschen was anders zu machen und auch ein bisschen Spaß dabei zu haben. Viele Leute in der Whiskyindustrie kennen Alligator-charred Barrels, aber wir haben uns entschieden, unseren Whisky so zu nennen. Eben ein bisschen was anderes für unsere Fans und das Committee.

wad: Für die Committeemembers haben sie dieses Jahr einen großen "Ardbeg" Day gefeiert und eine besondere Abfüllung herausgebracht, wie es sie noch 2011 nur beim Feis Ile direkt auf Islay gab - wenn auch in viel größerer Auflage. Wie wird das im nächsten Jahr aussehen?

HT: Wir wollen wieder einen "Ardbeg" Day machen. Wieder mit einer Limited Edition für das Committee. Hunderte von Leuten kommen während des Festivals zu uns und für die haben wir ein kleines Bottling gemacht. 2010 gab es aber etwas später auch den Rollercoaster wegen des zehnjährigen Jubiläums des Committees. Das haben wir für den "Ardbeg" Day dann wieder aufgegriffen und über die Embassies weltweit ausgedehnt. Ich denke, dass das gut funktioniert hat. Zudem waren trotzdem 700 Leute in der Distillery.

wad: Die 2011er Feis Ile-Abfüllung war eine Woche nach dem Festival für 400 Euro auf Ebay zu haben.

HT: Ja, ich weiß. Wir wollen das etwas einfacher machen für unsere Fans. Das "Ardbeg" Day Bottling ist natürlich größer, aber dafür ist der Zugang dazu auch leichter. Die Leute müssen nicht mehr in einer Reihe in Schlafsäcken vor der Distillery übernachten, um es zu bekommen.
wad: Jetzt kann ich Sie nicht gehen lassen ohne eine bestimmte Frage zu stellen. Wie stehen die Chancen auf neue, offizielle Singlecaskabfüllungen von "Ardbeg"?

HT: Single Cask Bottlings? Nun, ich mache meinen Job hier seit 13 Jahren und die erste Abfüllung, die ich miterlebte, war ein Single Cask, handabgefüllt auf Islay. Stuart Thomson, der ehemalige Distillery Manager, und ich füllten einen 1976er Sherryfass-"Ardbeg" ab. Das war ein Riesenspaß und wir hatten dann 497 Flaschen (Anm. des Autors: Für eine davon wurden zuletzt über 3.000 Euro bezahlt.). Das war das erste Single Cask Bottling in unserer Zeit. In den frühen 2000ern machten wir dann Bottlings für Frankreich, Italien und, Schweden - und auch eines für Deutschland. Auch das hat sehr viel Spaß gemacht. Als wir in 2008 soweit waren, dass "unser" 10-years-old auf den Markt kam, haben wir festgestellt, dass "Ardbeg" mehr ist als ein Nischenprodukt. Und ein Single Cask Bottling ist immer ein Nischenprodukt. Wir haben uns inzwischen darauf fokussiert neue Expressions herauszubringen, die eine andere Größenordnung haben.

wad: Ich finde Single Cask Bottlings spannend, da sie ein Stück Geschichte der jeweiligen Distillery und ihres Whiskys darstellen.

HT: Ja, das stimmt absolut. Aber die Zeiten, als wir "Ardbeg" als Marke wieder aufbauen mussten, sind vorbei und wir wollen uns nicht mit immer neuen Abfüllungen übernehmen. Schließlich gibt es so viele neue Whiskys jeden Tag und es gibt auch Firmen, die fast wöchentlich eine neue Abfüllung herausbringen.

wad: Das ist auch ein Weg Whisky zu verkaufen.

HT: Ja, aber es verwässert das ganze, finde ich. Das soll nicht unser Weg sein. Es hat zehn Jahre gedauert die Core Range mit dem 10-years-old, Uigeadail und Corryvreckan zusammen zu bringen. Diese drei Whiskies geben für mich ein fantastisches Gesamtbild der Distillery. Sie sind so unterschiedlich, aber alle drei sind "Ardbeg". Man darf auch nicht vergessen, dass wir erst 1998 wieder angefangen haben. 2016 oder 2017 ist vielleicht die richtige Zeit für einen reiferen "Ardbeg" mit Age Statement. Wer weiß das schon?

wad: Und man kann die Zeit nicht zurückdrehen. Einen 17-years-old wie er viele Jahre in unterschiedlichen Batches abgefüllt wurde, kann es so nicht mehr geben.

HT: Ja, richtig. Ich liebe den 10-years-old aus den späten 70ern. Der war außerordentlich gut. Das ist eine Legende, die den Charakter der Distillery typisiert hat. Und über diesen Whisky, der vor so langer Zeit geschaffen wurde, redet man heute noch. Übrigens werde ich auch oft zur (Wieder)Erstellung eigener Maltings gefragt, aber das würde nicht nur Millionen kosten, sondern ist vor allem auch eine Frage für die längerfristige Zukunft.
 
 


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