Donnerstag, 17. November 2011

Wiedervorlage: Ardbeg

Gut. Über "Ardbeg", den selbsternannten Ultimate Islay Malt bzw. The Untamed Soul Of Islay hat GottunddieWelt schon gesprochen und geschrieben. Und ich auch schon. Aber es gibt Neues. Zunächst einmal ist die Siegesserie in "Jim Murray's Whisky Bible" wohl vorerst gerissen, die den Schotten von 2008 bis 2010 lang den Titel "Scotch Whisky Of The Year" und zweimal sogar "World Whisky Of The Year" einbrachte. 2011 gewann "Ballentine's 17" und dieses Jahr liegt nun "Old Pulteney 21" vorn - vor gleich zwei Amis. Nur "Ardbeg 10" hat den Titel bei den "10 Years And Under (Multiple Casks)" inne. Pffffh. Geht es mit den Mannen um Dr. Bill Lumsden und Mickey Heads dem Ende zu? Sind die Anderen auf der Überholspur und schon vorbei? Ardbeg in der Krise? Und was ist eigentlich mit der "Feis Ile"-Abfüllung 2011? Beim BCB 2011 war - große Ehre! - Distillery Manager Mickey Heads persönlich anwesend um in zwei Masterclasses seine Produkte vorzustellen und ausgiebig zu erläutern. Dass "Ardbeg" weiter der most peatiest Scotch Single Malt (mit mindestens 50ppm) ist, hat sich nicht geändert, auch wenn allen voran "Bruichladdich" mit seinen "Octomores" im Jahresrhythmus neue Rekorde (derzeit 167ppm) aufstellt. Bei den Standardabfüllungen - soweit getorft - liegt dieser Wettbewerber schließlich nur bei 20-30ppm. Allerdings ist zu beachten, dass rund die Hälfte des ursprünglichen Phenolgehalts während der Herstellung und Lagerung verloren geht. Zu weitergehenden Informationen zu Ausgangsmaterial, Destillationsprozess, Abfüllung, etc. verweise ich auf die sehr schöne Heimseite (und das unten angehängte Video) und möchte nur auf ein paar Punkte hinweisen, die auch Master Heads besonders in den Mittelpunkt stellte. Zum einen ist der Copper Purifier (siehe Foto) zu nennen, der oben am Hals der Spirit Still sitzt. Diese Einrichtung, die "Ardbeg" übrigens als einzige Destille auf Islay nutzt, ist mitveranwortlich für den Hausstil des relativ leichten Whiskys mit seiner fruchtigen Süße (neben viel Torfrauch in der Nase und dem komplexen Ablauf der Phenole auf Gaumen und im Finish). Ein Faktum ist auch, dass "Ardbeg" vermutlich noch nie in seiner Geschichte so viele erstklassige Fässer zur Verfügung hatte wie heute. Hier profitiert man ganz direkt von der Kooperation mit "Glenmorangie" über den Eigentümer LVMH. Schließlich macht der Einfluss des Fasses, nach Mickey Heads, rund 50% des späteren Whiskygeschmacks aus. Interessant ist auch noch die Tatsache, dass "Ardbeg" seit geraumer Zeit keine (gefüllten) Fässer mehr abgibt - nicht an Blender und nicht an unabhängige Abfüller. Die wenigen erhältlichen "Ardbegs" von den Independents dürften also in Zukunft rar bzw. noch älter werden. Das anschließende Tasting startete standesgemäß mit dem "Ten" (46% Vol., 1st & 2nd fill bourbon casks). Ich habe das Gefühl, dass immer wenn ich mir ein Gläschen davon genehmige, es eine Rückkehr nicht nur zu meinen ersten "Ardbeg"-Erfahrungen, sondern auch zum Geist von Islay ist - zumindest, was ich darunter verstehe. Naja. Auf jeden Fall wird dieser "Standard-Ardbeg" aufgrund seiner Verfügbarkeit und den diversen anderen Releases fast schon wieder unterschätzt. Es folgten "Uigeadail" (54,2% Vol., bourbon & sherry casks) und "Corryvreckan" (57,1% Vol., new french oak & bourbon casks), der nunmehr auch zur offiziellen Range gehört. Irgendwer hatte mir kürzlich noch eingeflüstert, dass es kein weiteres Batch davon mehr geben sollte. Na egal. Weiter ging es mit dem "Alligator" (51,2% Vol., bourbon & new american oak - level 4 - casks) und zwei Casksamples, die zum einen aus einem 1998er Refill Sherry Hogshead (53,9% Vol.) und zum anderen aus einem 1975er Refill Sherry (45,3% Vol.) stammten. Rrrrr.
(Mickey Heads und Bernhard Schäfer)

Am Rande des BCB hatte ich zudem noch die Möglichkeit Mickey Heads ein paar Fragen zu stellen.


whatadrink: Mickey Heads, Sie wurden auf Islay geboren, waren zuletzt u.a. Distillery Manager bei "Isle Of Jura" und folgten Stuart Thompson 2007 bei "Ardbeg". Sie sind also etliche Jahre im Whiskybusiness tätig. Was hat sich geändert, wenn Sie z.B. die 80er Jahre mit 2011 vergleichen?


Mickey Heads: Das gibt es viele Dinge. Insbesondere für Islay ist das gestiegene Interesse an Islaywhisky ganz entscheidend. Noch nie sind soviele Leute zu uns gekommen wegen unserem Whisky. Die Wiedererweckung von "Ardbeg" mit vielen jungen Abfüllungen hat hier wesentlich dazu beigetragen. Alle anderen Islays finden in diesem Zuge aber natürlich auch mehr Beachtung als zuvor.


wad: Im Tasting hier beim BCB haben Sie einen 1975er "Ardbeg" ausgeschenkt. In welchem Bereich lag das Peating Level in den 70ern?


MH: Nun, in den 70ern hatte "Ardbeg" ja noch eine eigene Mälzerei und hat das verwendete Malz folglich zum Teil selbst hergestellt und getorft, aber je nach Bedarf eben auch zugekauft. Ich schätze das Level für diesen sehr alten Whisky auf 40-50ppm. Durch die lange Zeit im Holz verschmelzen die Flavours geradezu.


wad: Ja, ich fand ihn sehr beeindruckend und sehr rund.


MH: Er hat Ihnen geschmeckt?


wad: Er hat mir sogar sehr gemundet! Im Gespräch mit anderen Teilnehmern der Masterclass hat sich herauskristallisiert, dass viele der Meinung sind, dass sich "Ardbeg" und Sherrycasks gut vertragen. Wie beeinflussen nach Ihrer Meinung Sherrycasks "Ardbeg"-Whisky?


MH: Sherrycasks sorgen für die nötige Balance und geben in erster Linie Fülle und Reichhaltigkeit zu unserem rauchigen Destillat. Das ergänzt sich sehr gut. Natürlich funktioniert "Ardbeg" auch sehr gut in amerikanischer Eiche. Aber das ist ein komplett anderes Ding.
wad: Sie haben weiterhin viele junge Whiskys im Portfolio. Wird es noch einen "Supernova" 2011 oder 2012 geben?

MH: Naja, wir versuchen immer etwas Neues zu machen. Dieses Jahr gibt es ja nun den "Alligator" und was nächstes Jahr kommt, weiß ich auch noch nicht so genau.


wad: Mickey Heads, Sie haben die "Ardbeg"-Landladies mit ihrer Schubkarre hier gesehen und es ist zu bemerken, dass die beiden gar nicht aus Schottland kommen. Daher auch meine Frage: Gibt es auf Islay ähnlich reizende Damen?


MH (lacht): Ja natürlich.


Als weiterführende Lektüre wird dringend "Ardbeg - A Peaty Provenance" von Gavin D. Smith und Graeme Wallace empfohlen. Der mittelformatige Schmöker aus dem Jahr 2008 ist nicht ganz billig, aber auch keineswegs überteuert. Er bietet neben einem umfassenden Rückblick auf die Ardbegsche Geschichte und Fakten zur Herstellung gestern und heute auch ein detailliiertes Verzeichnis der höchst sammelbaren Releases tw. sogar in ganzseitigen Abbildungen. Ehemalige Distillery Manager bzw. Master Distiller kommen auch ausgiebig zu Wort. A must!Ob der "Ardbeg Feis Ile 2012" ein ebensolches Muss ist, darf jeder, der in den Genuss dieser Abfüllung kommt, selber entscheiden. 1200 Flaschen wurden aus zwei Pedro Ximenez-Sherryfässern mit 13jährigem "Ardbeg" aus 1998 befüllt (55,1% Vol.) und beim Islayfestival unter dem Motto "A Load Of Bull" verkauft. Trotz der Leitlinie "one bottle per customer" landeten einige davon auf den bekannten Auktionsplattformen - natürlich zu einem Mehrfachen des Ausgabepreises. Jim Murray war mit seiner Vorabprobe auf jeden Fall reichlich unzufrieden und vergab aufgrund des Schwefeleinflusses der Sherryfässer nur 67 (!) Punkte im Gesamturteil. Shocking! Aber Murray kennt bei Sulphur auch kein Pardon. Bei einer kleinen Verprobung dieser Tage in München befanden die (Blind)Tester den Probanden aber keineswegs für ungenügend, sondern äußerten sich durchweg positiv. Bittersweet but smoky.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen